„Die Leute auf der Straße sind meine Leute.“

In Meißen hat der Kanadier Gerald Dueck ein Begegnungszentrum der Heilsarmee aufgebaut.

Mit großer Bestürzung haben wir erfahren, dass Gerry Dueck plötzlich und unerwartet nach einem schweren Herzinfarkt am 28. Juli 2017 verstorben ist. Wir möchten in dieser Zeit ganz besonders an seine Frau und Kinder denken und für sie beten.

Nach Meißen? Als Gerald Dueck im Jahr 2001 das Angebot erhielt, mit seiner Frau Blanca und den beiden Kindern nach Meißen zu gehen, kam er ins Grübeln. „In Hannover, wo ich damals ein Aussiedlerheim betreute, hatte ich viel Negatives über den Osten Deutschlands gehört“, erinnert sich der Kanadier. Dennoch – das Ehepaar Dueck zog nach Meißen und eröffnete im Oktober 2001 die Begegnungsstätte der Heilsarmee in Meißen.

Die Not kennengelernt

Dass die Heilsarmee heute in Meißen jeden Tag ein warmes Essen für 1,50 Euro anbietet, jeden Donnerstag auf dem Walkhoff-Platz kostenlose Mahlzeiten ausgibt, dass die Menschen in die Begegnungsstätte finden, gehört zur Bilanz ihrer langjährigen Anwesenheit in Meißen. Zudem gibt es eine Verkaufsstelle, wo Bekleidung, Einrichtungsgegenstände oder Kinderwagen günstig zu bekommen sind.

„Die Leute auf der Straße sind meine Leute“, sagt Gerry, wie Gerald Dueck von deinen Freunden genannt wird. Wer zur Heilsarmee kommt, dem geht es nicht gut. In Meißen hat er Not kennengelernt, Absteiger, Verlierer. Dass im deutschen Osten mit der DDR oft auch Mitgefühl und Anteilnahme verschwanden, macht ihn betroffen: Es scheint, als haben sich im neuen Deutschland auch die schlechten Seiten des Sozialismus und Kapitalismus vereint, lautet seine bittere Einschätzung.

Zwischen unten und oben

Der wachsende Zulauf zur Essenausgabe und im Begegnungscafé zeigt, dass die Heilsarmee hier gebraucht wird. Damit die Heilsarmee helfen kann, beschäftigt sie in Meißen derzeit 36 Menschen als Ein-Euro-Jobber. Für manchen ist das auch die ersehnte Chance nach langer Arbeitslosigkeit, weiß Gerald Dueck. Es gehört zu seinen Meißner Erfahrungen, „dass die Menschen arbeiten wollen“. Dass der Staat nicht wie einst in der DDR dafür sorgt, habe zu Zukunftsängsten geführt. Da hafte immer noch viel Altes im Denken.

Gerald und Blanca Dueck leben mittlerweile seit über einem Jahrzehnt in Meißen. Es gibt viele, denen sie hier geholfen haben – mit Rat, Anerkennung, einer Aufgabe. Oder auch dabei, sich von der Alkohol- und Drogensucht zu befreien.

Die Leitung der Meißener Heilsarmee-Gemeinde und des Begegnungscafés haben die Duecks im Jahr 2012 abgegeben, um ein neues Projekt namens „Kirche auf Rädern“ zu starten. Mit einem Kleinbus samt integrierter Küche sind Gerald und Blanca Dueck nun in Meißen und Umgebung unterwegs, um diejenigen aufzusuchen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Auf öffentlichen Plätzen, in Asylheimen und an Treffpunkten von Obdachlosen bieten sie Menschen nicht nur warme Mahlzeiten und Getränke an, sondern auch Beratung und persönliche Gespräche.

Mit freundlicher Genehmigung übernommen von Harald Daßler aus der „Sächsischen Zeitung“ (gekürzt).

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