Notbetten in Nürnberg

„Wir schicken niemanden einfach so weg“

Frau Schröder, im Winter wird der Speisesaal Ihrer sozialen Einrichtung zum Schlafzimmer. Warum?

Dann stellen wir zusätzliche Notbetten für obdachlose Menschen auf, damit sie in den eiskalten Nächten nicht draußen übernachten müssen.

Wie sieht das praktisch aus?

In unserer sozialtherapeutischen Einrichtung wohnen ganzjährig unsere Klienten in den vorhandenen Zimmern. Für die Notübernachtung räumen wir deshalb den hinteren Teil des Speisesaales frei. Obwohl der Bedarf viel höher ist, können wir nur zehn Schlafliegen aufstellen. [Anm.: Mittlerweile, Stand Oktober 2014, konnte eine neue Notschlaftstelle für nun 30 Personen in Nürnberg eingeweiht werden] Stühle dienen dann als Nachttisch. Jeder Gast bekommt einen sauberen Schlafsack und Kissen. Toiletten und Waschgelegenheiten sind auch vorhanden. Überwiegend kommen Männer zum Übernachten. Frauen schlafen in einem anderen Haus. Gegen 18 Uhr können die Gäste ins Haus kommen. Zum Frühstück gibt es Kaffee und Brötchen und gegen 8 Uhr sind die Gäste meist schon wieder unterwegs – bis sie am Abend wiederkommen.

Wer sind Ihre Schlafgäste?

Unter obdachlosen Menschen spricht sich schnell herum, wo es im Winter Schlafplätze gibt. Besonders häufig kommen Menschen aus Osteuropa zu uns, etwa aus Rumänien. Es sind traurige Schicksale. In ihrer Heimat wurde ihnen Deutschland als Schlaraffenland angepriesen. Doch hier angekommen, sind sie ernüchtert. Sie haben keine Arbeit, sprechen kein Deutsch und alles Geld haben sie für die Hinfahrt ausgegeben. Für viele ist die Straße dann Endstation.

Fällt es Ihnen schwer, Gäste abzulehnen?

Unsere Aufnahmekapazitäten sind leider begrenzt. Doch jemanden einfach so wegschicken: Das würden wir nicht tun. Wir suchen dann nach einer Lösung. Ich bin der Meinung: Jeder Mensch ist von Gott geliebt und verdient einen würdevollen Umgang und Respekt. Egal, ob er oder sie – wie Menschen von der Straße – auch mal streng riecht oder die Umgangsformen rauer sind. Wir wissen nicht, was dazu geführt hat, dass sie so leben, wie sie leben. Das zu beurteilen steht uns nicht zu. Doch wir wollen unseren Gästen zeigen: Du bist genauso wertvoll wie jeder andere Mensch auch.

Zur Person

Marie-Luise Schröder ist Heilsarmeeoffizierin. Gemeinsam mit ihrem Mann leitet sie das Sozialwerk Nürnberg, eine Facheinrichtung der Wohnungslosenhilfe der Heilsarmee in Deutschland.

Derzeit leben mehr als 200 Männer sowie rund 18 Frauen in eingerichteten Zimmern und dezentralen Wohnungen in den drei Einzeleinrichtungen des Sozialwerks. Sie erhalten sozialtherapeutische Hilfe bei der Überwindung ihrer besonderen sozialen Schwierigkeiten sowie bei Suchterkrankungen und psychischen Störungen. (www.heilsarmee.de/sozialwerknuernberg)

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Interview: Romy Schneider

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