von 0 Kommentare

Kongress gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung vom 21. – 24. April 2024

Gesprächsrunde über die Situation der Prostituierten in Deutschland

Bereits zum zweiten Mal wurde dieser Kongress in der Tagungs- und Begegnungsstätte „Schönblick“ in Schwäbisch Gmünd veranstaltet, den rund 360 Menschen besuchten. Thematisch baute der Kongress auf dem ersten vor zwei Jahren auf, erweiterte jedoch die einzelnen Themen und gewann dadurch größere Tiefe.

Menschenhandel hat verschiedene Gesichter. Neben der Arbeitsausbeutung, die nicht selten in Deutschland vorkommt, liegt das Hauptproblem in der Prostitution und vermehrt auch in sexueller Ausbeutung im digitalen Bereich. Hier sind besonders Kinder und Jugendliche betroffen.

So wurde am ersten Tag zunächst mal eine Bestandsaufnahme gemacht – wie ist die Lage in Deutschland und wie wird Menschenhandel EU-weit bekämpft? Hierzu trafen sich in einer ersten Gesprächsrunde Fachleute aus Politik, Sozialwissenschaft, Justiz, Kirchen und der Polizei. Übereinstimmend wurde berichtet, wie sehr Frauen in der Prostitution Ausbeutung, Erniedrigung und Gewalt ausgesetzt sind. Ebenso herrschte Einigkeit darüber, dass nur eine Gesetzesänderung wirksame Verbesserung für die Frauen bringen kann, vor allem aber auch eine drastische Senkung der Nachfrage. Ein Sexkaufverbot, bekannt als Nordisches oder Gleichstellungsmodell, wird schon lange von Hilfsorganisationen gefordert. Seit letztem Herbst bewegt sich nun etwas in diese Richtung. Die Unions-Fraktion im Bundestag hat ein Positionspapier dazu herausgebracht, woraufhin im Februar eine Debatte im Bundestag stattfand.

Auch in der EU haben sich verschiedene Abgeordnete für ein Sexkaufverbot eingesetzt. Darüber wurde in der zweiten Gesprächsrunde berichtet. Im September hat das Europäische Parlament mit einem Initiativbericht Position bezogen und mehrheitlich für eine Politik zur Prostitution entschieden, die die Nachfrage nach Sexkauf eindämmen soll. Diese Parlamentsmehrheit erhöht den Druck auf die Mitgliedstaaten, sich mit den jeweils gültigen Gesetzgebungen ihres Landes kritisch auseinanderzusetzen. Deutschland hat dies dringend nötig! Die ausgebeuteten Frauen haben es nötig!

Hauptthema des zweiten Tages war der steigende Pornografiekonsum bereits im Kinder- und Teenager-Alter, der zu einer Über-Sexualisierung und einer hohen Vulnerabilität führt, selbst Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden. 

Am Abend zeigte der Film „Buying her“ schonungslos, wie Männer der Sexsucht verfallen können und, trotzdem sie in einer Ehe leben, ständig Prostituierte aufsuchen. Dabei steigt oft die Gewaltphantasie, die für die Frauen eine starke Bedrohung bedeutet.

Am dritten Tag stand ein sehr schweres Thema auf dem Programm. Es ging um organisierte Gewalt im Kontext von Kinderprostitution. Dies scheint unfassbar, denn die Kinder leben quasi zwei Leben nebeneinander. Sie gehen zur Schule, leben in einem scheinbar wohlbehüteten Elternhaus, niemand bemerkt etwas, aber gleichzeitig werden die Kinder eben von diesen Eltern zum Sex mit Männern gezwungen. Das funktioniert nur, weil die Psyche dissoziiert. Die Seele spaltet sich auf in zwei Persönlichkeiten. Der Vortrag einer Traumatherapeutin half, diese Reaktion der Seele zu verstehen. Dissoziation erleben auch Frauen in der Prostitution, denn sie lässt all das Schlimme leichter ertragen. Andererseits wehrt sich der Körper gegen das, was ihm angetan wird, psychisch und physisch. Unerklärliche Symptome treten auf. Betroffene Kinder suchen oft Hilfe, können aber gar nicht erklären, was ihr Problem ist. Hier gilt es für alle, die mit Kindern arbeiten, genau hinzuhören und sensibel zu sein, vor allem aber, dem Kind zu glauben. Pädagogen in Fachberatungsstellen sind dann die richtigen Ansprechpartner.

Zur Vertiefung der vielen Themen wurden über 20 verschiedene Workshops angeboten. Es gab Gelegenheit für Networking, viele Gespräche und zum Kennenlernen vieler Organisationen, die sich gegen Prostitution und Menschenhandel einsetzen. Der Bundesverband Nordisches Modell stellte zur Fußball EM in Deutschland seine Kampagne „Rote Karte für Freier“ vor.

Auch Betroffene selbst waren da, einige erst ganz anonym, aber dann gaben sie Zeugnis von dem, wie sie Gott fanden, der sie Stück für Stück heilte oder gerade dabei ist.

Sehr wohltuend war der Lobpreis zwischen den einzelnen Vorträgen, die geistlichen Ermutigungen und die Möglichkeit, gegen Menschenhandel und für die Opfer zu beten, aber auch einander im Gebet zu tragen.

Ein Termin für den dritten Kongress dieser Art wurde schon bekannt gegeben: Er findet vom 26. – 29. April 2026 statt.

Zurück