Brass-Musik als Türöffner

Zwei Urgesteine erinnern sich an die Anfänge der Sommermusikschule vor 50 Jahren.

Viel Spaß gab es bei der ersten Sommermusikschule in Plön.

Wenn Kommandeur Horst Chalet an die erste Sommermusikschule am Plöner See denkt, muss er lachen: „Ich erinnere mich noch gut, wie wir mit Badehosen und Badeanzug im Wasser standen. So haben wir gespielt." Viel Spaß hätten sie damals gehabt, erinnert sich der ehemalige Leiter der Heilsarmee in Deutschland. Aber auch die Disziplin sei nicht zu kurz gekommen, inklusive Trillerpfeife und knackige Kommandos: „Obwohl es heiß war, mussten wir auf der großen Wiese marschieren", erzählt der Diplom-Sozialarbeiter: „Rechts rum, links rum und dann einen großen Kreis bilden."

Doch das ist jetzt 50 Jahre her. Das Programmheft von damals liegt auf einem Tisch im Foyer eines Schullandheims im Harz, wo die Akademie seit einigen Jahren stattfindet. Der Startschuss der Sommermusikschule begann, so berichtet das alte Heft, am 10. Juli 1975. Oberstleutnant Flade und seine Frau hatten zu einem territorialen „Musik-Lager" in die „Jugend-Kolonie Seehof Plön" eingeladen. Das Gebäude gehörte damals der Heilsarmee. Der Ablauf war sehr strukturiert: Um 7.30 Uhr wurde geweckt. Um 8 Uhr gab es Frühstück. Die Bibelarbeit begann um 9 Uhr und 10 Uhr ging es los mit den Registerproben. Um 20 Uhr stand Freizeit auf dem Programm. Nach der Abendandacht um 21:30 Uhr ging es dann ins Bett. „Die Zimmer hatten Doppelstockbetten für vier oder sechs Leute. Alles war ziemlich einfach", erinnert sich Horst Chalet. „Wenn es geregnet hat, haben wir in der großen Scheune gespielt. Wir waren in drei Gruppen eingeteilt, A- B- und C-Band."

Chorgesang und Früherziehung

Schon in den 50er und 60er Jahren hatten sich Brass-Musiker der Heilsarmee sporadisch zum Austausch getroffen. Doch diese Lehrgänge waren regional und gingen nur über wenige Tage. Die neue Sommermusikschule dagegen wandte sich an alle Musiker im Territorium. Sie dauerte jetzt 10 Tage und fand alle zwei Jahre statt. Ab 1993 kamen die Teilnehmer sogar jährlich zusammen, die Dauer wurde auf eine Woche reduziert. Die Idee der Sommermusikschule war schon damals, Mitte der 70er Jahre, etwas besonderes: Die Akademie richtete sich nicht nur an die Brass-Musikerinnen und Musiker in den Korps. Auch die Familien konnten mitfahren. Neben den Brassbands gab es bald Chorgesang für Frauen und Jugendliche. Die Kleinsten erhielten musikalische Früherziehung und wer wollte, konnte sogar den Tamburinmarsch üben.

Heinrich Schmidt, von den Teilnehmern freundlich „Heini" genannt, gehört zu den Männern der ersten Stunde. Bereits 1975 war er als Lehrer im Einsatz. Jetzt ist Schmidt, 77 Jahre alt, noch Mitarbeiter im Leitungsteam. Der pensionierte Pädagoge und ehemalige Dozent an der Musikhochschule in Essen ist ein ausgewiesener Kenner der Heilsarmee-Musik. 1989 gründete er die German Staff Band, 1990 übernahm er die Aufgabe eines landesweiten Musiksekretärs. Für sein Engagement bei der Heilsarmee bekam er sogar das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Wetterfest und robust

Warum hat die Heilsarmee von Anfang an auf Brass-Musik gesetzt? „Instrumente wie das Kornett, das Flügelhorn oder die Posaune haben viele Vorteile: Sie sind robust, wetterfest und natürlich gut zu hören", sagt Heinrich Schmidt. Wie wirkungsvoll die Blasmusik sein kann, hat Heinrich Schmidt kurz nach der Maueröffnung hautnah erlebt. Mit zwei Dutzend Bläsern war er in Cottbus und Dresden unterwegs. Sie spielten auf den Plätzen der Innenstädte. „Die Menschen umringten uns und sprachen uns an. Das war überwältigend." Die Brassmusik ist für ihn ein „Geschenk Gottes."

Die Brass-Musik als „Türöffner" und Mittel der Evangelisation hat in der Heilsarmee eine lange Tradition. Sie hat viele Komponisten hervorgebracht. Eric Ball, Dean Goffin und Peter Graham bereicherten mit ihren Werken weltweit das Repertoire der Brassbands, so Schmidt. Er kann auch viele bekannte Musiker aufzählen. Gerne erinnert er sich an Philip Smith. Der Solotrompeter des New York Philharmonic Orchestra (1988 bis 2014) war sogar als Gastdirigent in der Sommermusikschule.

Wie sieht Heinrich Schmidt nach 50 Jahren Sommermusikschule die Zukunft der Brassbands? „Ich bin da sehr optimistisch. Brass-Musik spricht die Menschen an. Wir brauchen einfach einen professionellen Auftritt und gute Kompositionen."

 

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