Durch das Band des Friedens
Gottesdienst zum Weltgebetstag
Zum jährlichen Weltgebetstag, der am Freitag, 01. März stattfand, versammelten sich im Gemeindesaal sowohl Mitglieder des Korps Köln als auch Mitarbeitende des Territorialen Hauptquartiers um gemeinsam den Gottesdienst zu feiern. Majorin Marie-Luise Schröder, assistierende Direktorin Programm für Korps und Seelsorge, leitete durch den Gottesdienst und eröffnete die Gemeinschaft mit den Worten: „Salaam. Friede sei mit euch. Friede sei mit euch! – Salaam! – so grüßen sich Menschen auf Arabisch und wünschen sich Frieden; und so grüßen uns die Frauen aus dem palästinensischen Weltgebetstagskomitee. Die Weltgebetstagsfrauen in Palästina wurden 2017 auf der internationalen WGT-Konferenz ausgewählt, die Liturgie für 2024 zu erstellen. Palästina ist das Land, in dem Jesus geboren ist und auch gelebt und gelehrt hat. Eine ökumenische Gruppe palästinensischer Christinnen hat in den Jahren 2020 – bis 2022 zusammen gearbeitet. Sie haben gemeinsam gebetet und über das Thema 'Ich bitte euch … ertragt einander in Liebe' nachgedacht. Dabei haben sie sich vom Brief an die Gemeinde in Ephesus (Kapitel 4, 1 – 7) inspirieren lassen. Nun laden sie alle Menschen rund um die Welt ein, sich ihnen im Beten und im Handeln anzuschließen.“
Drei Geschichten palästinensischer Christinnen
Joan Sütterlin, die den Gottesdienst auch musikalisch begleitete, stellte im Wechsel mit Majorin Marie-Luise Schröder die Geschichten dreier Frauen vor, die ihre Erfahrungen als Christinnen in Palästina und dem Bibelvers „ertragt einander in Liebe“ teilen.
Eleonor hat in ihrem Leben viel Krieg und Gewalt erlebt und spricht von Widerstandsfähigkeit. Schon als Kind fing sie an, humanitäre Hilfe durch Botengänge zu unterstützen und leitete später selbst humanitäre Projekte um Menschen zu helfen. Sie hat erfahren, dass das Leben zerbrechlich sein kann und Frieden nicht garantiert ist. Umso mehr ermutigt sie uns, gemeinsam stark zu sein, indem wir einander in Liebe ertragen.
Lina erzählt über den Verlust ihrer Tante, die in Palästina als Stimme der Wahrheit gilt und im Mai 2022 getötet wurde. Sie begegnete als Christin allen Menschen in Liebe und ertrug auch die Besatzer in Liebe. Für Lina ist die Erinnerung an ihre Tante eine Quelle der Kraft, weiterhin für die Wahrheit einzustehen.
Sara spricht über das Gedeihen und über den schweren Weg ihrer Großeltern, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden und doch stets die Hoffnung nicht verloren. Sie erzählt: „Ich weiß, dass der Baum, von dem ich abstamme, stark und widerstandsfähig ist. Ich kann andere in Liebe ertragen, weil sie es getan haben. Ihre Liebe ist es, die mich gedeihen lässt wie das Blatt an einem Olivenbaum.“
Zum Abschluss des Gottesdienstes fanden sich die Besucher noch zu einem gemeinsamen Austausch bei Kaffee und Kuchen zusammen. Jeder Teilnehmende bekam von einem anderen symbolisch ein Streifen Band und ein Kärtchen mit einem Bild von einem Olivenzweig überreicht und man sprach sich gegenseitig die Worte: „Ich wünsche dir Gottes Frieden“ zu.
Ich möchte euch Eleonor vorstellen. Sie gehört zur älteren Generation, die wie der Stamm des Olivenbaums viele Jahre Krieg und Gewalt erlebt hat.
Sie ist eine palästinensische Christin, die der griechisch-orthodoxen Kirche im Heiligen Land angehört. Sie stammt aus einer alten, tief verwurzelten Jerusalemer Familie. Anfang des 19. Jahrhunderts gründete ihr Urgroßvater die orthodoxe St. Georgskirche, die es den außerhalb der Stadtmauern lebenden Christen ermöglichte, einen Ort für ihre Gottesdienste zu finden.
Diese Kirche blieb bis zur "Katastrophe" oder Nakba von 1948 bestehen, als 750 000 Palästinenser gezwungen waren, zu fliehen, sich zu zerstreuen und zu Flüchtlingen zu werden.
Eleonor: „Als meine Brüder und ich aufwuchsen, haben sich meine Eltern dankbar an ihre Nachbarn erinnert, während sie auf den großen Tag der Rückkehr warteten. Leider verstarben meine Eltern, ohne diesen Traum zu verwirklichen. Meine Eltern sprachen immer voller Dankbarkeit über ihre jüdischen Nachbarn, und sie lehrten mich, wie man anderen in Liebe begegnet.
Im Laufe meines Lebens als palästinensische Christin, die in Jerusalem lebt, habe ich mich dafür entschieden, mit allen Mitgliedern der Gemeinschaft auf lokaler und globaler Ebene uneingeschränkt verbunden zu sein. Vom Beispiel meiner Eltern habe ich gelernt, wie wichtig es ist, mit anderen zusammen zu leben, auch wenn das Leben hart und schwierig ist.
Mein Einsatz für die Gesellschaft begann, als ich 11 Jahre alt war und meine Arabischlehrerin mich ermutigte, Botengänge für ihre humanitäre Arbeit zu machen. Sie war sanft und liebevoll, was mir half, den Wert eines besseren Lebens für andere zu verstehen.
Später setzte ich humanitäre und Entwicklungsprogramme sowie soziale und kommunale Projekte um. Diese Programme und Projekte dienten allen Menschen, unabhängig von Religion, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Status oder Bedürftigkeit.
Ich hatte auch das Privileg, Hunderten von Frauen in Jerusalem, im Gazastreifen und im Westjordanland dabei zu helfen, ihre Familien als Familienernährerinnen zu unterstützen. Viele dieser Projekte sind gewachsen und haben sich auf andere Gebiete ausgeweitet, was sich positiv auf viele Leben ausgewirkt hat.
Seit meiner Kindheit weiß ich, dass das Leben zerbrechlich ist und der Frieden nicht garantiert ist. Ich glaube jedoch fest daran, dass wir gemeinsam stark sein können, wenn wir einander in Liebe ertragen.“
Ich möchte euch Lina vorstellen.
Am 11. Mai 2022 verlor Lina ihre Tante Shireen, (Bild von Shireen Abu Akleh einblenden bzw. zeigen) eine berühmte Journalistin, die in Dschenin getötet wurde. Tante Shireen war wie der Zweig eines Olivenbaums, der den starken Winden widerstand, die die Wahrheit der palästinensischen Erfahrungen auszulöschen drohten. Mit ihrem Tod verlor Palästina eine Legende und eine berühmte Journalistin von Al Jazeera. Als Linas Tante, ihre Taufpatin und ihre beste Freundin war Shireen Linas Vorbild. Sie war auch für viele junge Palästinenserinnen ein Vorbild. Lina erinnert sich gerne an all die Momente, die sie mit ihr verbracht hat und in denen sie über Kunst, Politik und das Leben gesprochen hat.
Lina: „25 Jahre lang widmete meine Tante Shireen ihr Leben der Aufgabe, die Erfahrungen der Palästinenser zu erzählen und eine Stimme der Wahrheit zu sein. Sie erreichte jedes Haus in Palästina und in der arabischen Welt über den Fernsehbildschirm. Die Anwesenheit von 500 Menschen am Tag ihrer Beerdigung war ein Beweis dafür, dass sie auch in ihre Herzen eingedrungen war.
Viele Menschen wussten nicht, dass meine Tante eine palästinensische Christin war. Shireens Glaube veranlasste sie dazu, trotz der unterschiedlichen Glaubenstraditionen allen in Liebe zu begegnen. Sie stand an der Seite aller, denen Leid zugefügt wurde. Sie setzte sich dafür ein, dass sowohl Muslime als auch Christen Zugang zu den heiligen Stätten in Jerusalem haben. Ihre Worte der Wahrheit waren sogar eine Möglichkeit, die Besatzer in Liebe zu ertragen.
Obwohl Shireen wie ein Zweig des Olivenbaums zu früh gefällt wurde, lebt ihr Vermächtnis weiter. Die Erinnerung an sie nährt nun die Erde, aus der wir die Kraft schöpfen werden, weiterhin die Wahrheit zu sagen und auf Versöhnung hinzuarbeiten.“
Ich möchte euch Sara vorstellen.
Sara sagt, sie fühle sich manchmal wie das Blatt eines Olivenbaums, welches durch die Zweige mit den Wurzeln verbunden und von innen heraus genährt wird.
Sie ist als lutherische Christin in Jerusalem geboren und aufgewachsen, wo das Leben immer eine Herausforderung war. Sie ist froh, dass sich in der Gesellschaft etwas ändert, wie die Ordination der ersten weiblichen Pfarrerin in ihrer Kirche zeigt. (Bild von Sally Azar einblenden) Ihre eigene Familiengeschichte ist mit der von Palästina verbunden. Sie möchte euch eine Geschichte erzählen, die zeigt, was es bedeutet, eine palästinensische Christin zu sein.
Sara: „Meine Großeltern lebten früher in Jaffa. Sie wuchsen dort vor 1948 auf und lebten zusammen mit anderen Christen, Muslimen und Juden. Als 1948 der Staat Israel gegründet wurde, wurden die Palästinenser, die seit Tausenden von Jahren in diesem Land gelebt hatten, vertrieben. Die israelischen Streitkräfte kamen in das Haus meiner Großeltern und zwangen sie, es zu verlassen. Dies führte dazu, dass meine Großeltern zu Flüchtlingen in Jordanien wurden.
Viele Jahre später kamen meine Großeltern zu Besuch nach Jerusalem, und meine Eltern nahmen uns mit auf einen Ausflug nach Jaffa.
Sie waren aufgeregt, uns das Haus zu zeigen, in dem sie früher gelebt hatten. Alles hatte sich verändert, bis auf die Bäume, die sie gepflanzt hatten, was uns half, den Ort zu identifizieren, aber leider waren die Bewohner des Hauses uns gegenüber feindselig.
Als ich später meine Großeltern in Jordanien besuchte, zeigte mir meine Großmutter die Schlüssel, die ihre Mutter aufbewahrt hatte, als sie ihr Haus verließ. Wie viele andere bewahrte sie ihre Schlüssel in der Hoffnung auf eine Rückkehr auf, eine Hoffnung, die über viele Generationen weitergegeben wird.
Ich weiß, dass der Baum, von dem ich abstamme, stark und widerstandsfähig ist. Ich kann andere in Liebe ertragen, weil sie es getan haben. Ihre Liebe ist es, die mich gedeihen lässt wie das Blatt an einem Olivenbaum.“