Es ist schön, Freunde zu haben ...
Auszug aus unserer Hauszeitung „Farbtupfer“
Neige, HERR, dein Ohr und höre! Öffne, HERR, deine Augen und sieh her!
2. Könige 19, 16
Es ist schön, Freunde zu haben. Finden Sie das nicht auch? Es ist schön, wenn jemand da ist, der zuhört. Mit dem ich reden kann, den oder die ich einfach auch mal vollquatschen kann. Wo ich reden kann, wie mir der Schnabel gewachsen ist und nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden muss. Es ist manchmal schön, einfach zu sagen, was ich denke, ohne dass gleich eine Erwiderung, eine Widerspruch oder ein „Aber das ist ganz anders“ kommt. Es ist schön, einfach mal seine Meinung sagen zu können, ohne dass sie gleich von jemand anderem relativiert wird. Ja, das macht Freundschaft aus.
Im September ist Bundestagswahl und der Wahlkampf hat begonnen. Das ist eine anstrengende Zeit für Politikerinnen und Politiker. Die Kanzlerkandidatin und die Kanzlerkandidaten werden aktuell ganz genau beobachtet und es wird sehr, sehr genau hingehört und hingeschaut: Sind das eigene Worte und Gedanken, die da den Weg in ein Buch gefunden haben? Oder wurde die Meinung und Aussagen anderer übernommen und das nicht gekennzeichnet?
Verhalten sich unsere Kandidatinnen und Kandidaten in der Öffentlichkeit korrekt? Womit wohl gemeint ist, ob sie sich so verhalten, wie es die Medien von ihnen erwarten …
Da wird jede Äußerung darauf hin geprüft, welchen Widerspruch sie hervorrufen kann. Einschränkung des eigenen Wohlstandes zu Gunsten der Umwelt – das geht gar nicht! Mehr Grüner Strom? Ja schon, aber bitte nicht vor meiner Haustür! Der Gedanke, Kurzstreckenflüge einzuschränken oder ganz zu verbieten ist auf große Empörung gestoßen. Aber warum? Mit der Bahn komme ich ganz schnell von einer großen Stadt in die nächste, das lästige Einchecken mit den Warteschlangen und –zeit am Flughafen entfällt und ich komme, wenn ich den Zug benutze, mitten in der Stadt an und nicht irgendwo am Stadtrand. Und mehr Platz als im Flugzeug habe ich im Zug auch noch. Und viel weniger Abgase fallen bei der Bahn auch noch an. Was spricht da für das Flugzeug? Auf Kurzstreckenflügen gibt es schon lange nichts mehr kostenlos zu Essen, das kann es also auch nicht sein.
Am Ende ist es der Preis. Es gibt Fluggesellschaften, die unterbieten die Bahnpreise deutlich. Doch noch günstiger geht es mit dem Bus, das dauert dann allerdings länger. Die Umweltbilanz ist nicht ganz so gut wie bei der Bahn, doch deutlich besser als bei einem Flug.
Sie merken, jedes Thema kann von vielen Seiten betrachtet werden. Und daher melden sich auch immer ganz viele Menschen zu Wort, wenn Spitzenpolitiker sich zu einem Thema äußern, die es besser wissen oder meinen es besser zu wissen.
Man sollte ein dickes Fell haben, wenn man in die Politik geht. Der Wind kann ganz schön rau sein und manchmal entwickelt er sich zu einem Sturm, einem Shitstorm …
Auch Politikerinnen und Politiker sind Menschen und hoffentlich haben auch sie Freunde. Menschen, die ihnen einfach mal zuhören und nicht gleich zu einer Widerrede ansetzen.
Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch Freunde braucht. Dass wir jemanden haben, der oder die einfach mal zuhört und einfach da ist. Und mir auch mal die Meinung sagt. Denn nicht alles, was ich denke oder sage ist gut. Auch nicht alles, was ich mache.
Wenn mir jemand richtig zuhört, tut mir das auch gut.
Und so verstehe ich auch die beiden Sätze aus der Bibel, die am Anfang des Textes stehen: Gott ist auch mein Freund. Ihn kann ich auffordern, mir zuzuhören und mich anzusehen. Bei ihm kann ich reden, wie mir der Schnabel gewachsen ist und ihn auch einfach mal nur vollquatschen. Das Schöne ist, er hört zu und er sagt mir auch seine Meinung, wenn mein Quatschen zu Quatsch wird. Dann sagt er mir: Jetzt mach mal halblang, nimm dich selbst nicht so ernst, komm mal wieder auf den Boden und sieh zu, dass du die Anderen im Blick behältst. Hör auch mal den Anderen zu, das erweitert auch deinen Horizont!
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen ein offenes Ohr!
Viele herzliche Grüße
KILIAN BRANDENBURG