Extreme Armut beenden:

Eine moralische und geistliche Notwendigkeit

Slum in Bangladesch; Quelle: www.flickr.com/photos/sudiptadas/8076220470/ Sudipta Arka Das (CC BY-SA 2.0)

General André Cox unterschreibt Appell weltweiter Leiter von Glaubensgemeinschaften und religiösen Organisationen zur Beendung der extremen Armut bis 2030

Der Internationale Leiter der Heilsarmee, General André Cox, hat gemeinsam mit mehr als 30 weiteren Leitern von Weltreligionen und internationalen religiösen Organisationen einen Aufruf zum Handeln gestartet, bis 2030 die extreme Armut zu beenden – ein Ziel, das auch die Weltbankgruppe vertritt. Der General unterschrieb die entsprechende Stellungnahme, die am 9. April veröffentlicht wurde.

Die gemeinsame Erklärung Extreme Armut beenden: Eine moralische und geistliche Notwendigkeit stellt fest, dass in jüngerer Zeit bereits bedeutende Fortschritte zur Reduzierung extremer Armut erzielt wurden. Innerhalb der letzten 25 Jahre sank die Zahl der weltweit in extremer Armut lebenden Menschen von fast zwei Milliarden auf weniger als eine Milliarde. Jetzt, so die Stellungnahme, besteht zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte sowohl die Möglichkeit als auch die moralische Verantwortung dafür zu sorgen, dass niemand mehr in extremer Armut leben muss.

„Es gibt zahlreiche Hinweise, unter anderem von der World Bank Group, die zeigen, dass wir die extreme Armut innerhalb von 15 Jahren abschaffen können“, hält die Stellungnahme fest. „2015 werden unsere Regierungen eine neue Agenda der globalen nachhaltigen Entwicklung beschließen, die das Potenzial hat, auf unseren gemeinsamen Werten aufzubauen und so die vordringliche Aufgabe der Beendung der extremen Armut abzuschließen.

Wir Glaubensgemeinschaften machen uns dieses moralische Gebot zu eigen, weil wir die Überzeugung teilen, dass der moralische Prüfstein unserer Gesellschaft darin besteht, wie es den Schwächsten und Schutzbedürftigsten ergeht. Unsere heiligen Texte rufen uns ebenfalls dazu auf, gegen Unrecht zu kämpfen und den Ärmsten in unserer Mitte aufzuhelfen.“

Ziel der Stellungnahme ist es, den notwendigen sozialen und politischen Willen zu erzeugen, indem andere dazu inspiriert werden, sich ebenfalls engagierter für dieses Anliegen einzusetzen. Sie nutzt viele der gemeinsamen Überzeugungen, die die großen Weltreligionen in dem Appell und der Verantwortung für den Kampf gegen Armut vereinen.

Die Unterzeichner verpflichten sich, innerhalb der weltweiten Glaubensgemeinschaften und in allen Bereichen zu größerem Engagement und Handeln aufzurufen, um die extreme Armut zu beenden. Für die Heilsarmee ist dies eine Möglichkeit, im Kampf gegen Armut, der in ihrer 150-jährigen Geschichte stets einen zentralen Aspekt ihres Auftrags bildete, mit gläubigen Menschen aus aller Welt zusammenzuarbeiten. Ihr Internationaler Leiter, General André Cox, sagt dazu: „Die Heilsarmee wird auch weiterhin Kontakte mit Entscheidungsträgern pflegen und die Zusammenarbeit in strategischen Partnerschaften mit Gleichgesinnten suchen, um diesen Traum zu verwirklichen. Vieles von dem, was wir jetzt tun, und viele unserer Entwicklungsprogramme weltweit unterstützen aktiv diese Ideale und Ziele.“

Die Erklärung der weltweiten Glaubensgemeinschaften ist ein Ergebnis des „Runden Tisches von Leitern religiöser Gemeinschaften und Organisationen“ (Faith Based and Religious Leaders Round Table), den die Weltbank am 18. Februar veranstaltete – es war das erste hochrangige Treffen zwischen Jim Yong Kim, Präsident der Weltbankgruppe, und führenden Vertretern von Glaubensgemeinschaften. Kommandeur Charles Swansbury, Internationaler Sekretär für Programmressourcen am Internationalen Hauptquartier in London, vertrat dabei die Heilsarmee.

In einer Rede am Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington im Vorfeld der Frühjahrstagung der Weltbank/des Internationalen Währungsfonds erwähnte Jim Yong Kim, Präsident der Weltbankgruppe, dass fast eine Milliarde Menschen in sogenannter „extremer Armut“ leben – also weniger als 1,25 US-Dollar (1,12 Euro) pro Tag zum Überleben haben. „Wenige von uns“, sagte er, „können sich überhaupt vorstellen, wie das sein muss. Erinnern wir uns daran, was Armut ist. Armut bedeutet, dass 2,5 Milliarden Menschen keinen Zugriff auf ein Bankkonto haben. Armut bedeutet, dass 1,4 Milliarden ohne Stromversorgung leben. Armut bedeutet auch, die Kinder hungrig ins Bett zu bringen. Und Armut bedeutet, nicht zur Schule zu gehen, weil jedes Familienmitglied jeden Tag ein paar Cent verdienen muss.“

Als Antwort auf den Start des Appells fügte er hinzu: „Leiter religiöser Gemeinschaften und die Weltbankgruppe haben ein gemeinsames Ziel – die Welt in nur 15 Jahren von extremer Armut zu befreien. Der Aufruf kann die Bewegung zur Beendung der Armut bis 2030 anregen, indem er große Gemeinschaften dazu inspiriert, jetzt zu handeln und sich bei den Regierungen dafür einzusetzen, dass sie dies ebenfalls tun. Diese Zusagen vonseiten der religiösen Leiter kommen genau zur rechten Zeit – ihr Handeln kann Hunderten Millionen Menschen helfen, sich aus der Armut zu befreien.“

Die Stellungnahme schließt, indem sie die Verpflichtung deutlich formuliert: „Die Gefangenschaft in Armut von über einer Milliarde Männern, Frauen und Kindern muss ein Ende haben. Jetzt ist die Zeit, mutig zu handeln, um die nächste Generation aus der Gewalt der extremen Armut zu befreien.“

Lesen Sie hier die vollständige Erklärung im Wortlaut (deutsche Übersetzung)

Unser gemeinsames Verständnis

Als Leiter aus verschiedenen religiösen Traditionen verbindet uns eine überzeugende Vision, die extreme Armut bis zum Jahr 2030 zu beenden. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte können wir mehr tun, als uns eine Welt ohne extreme Armut nur vorzustellen; wir können sie wahr machen. Dieses Ziel zu erreichen wird ein zweifaches Engagement erfordern: mit Blick auf die besten Belege für das, was funktioniert und was nicht zu handeln; und unsere Stimmen einzusetzen, um andere nachdrücklich aufzufordern, sich gemeinsam mit uns für dieses dringliche Anliegen einzusetzen, das von unseren innersten geistlichen Werten getragen ist.

Die Welt hat mit der Halbierung der von extremer Armut betroffenen Menschen in den letzten zwei Jahrzehnten bereits enorme Fortschritte erzielt. Es gibt zahlreiche Hinweise, unter anderem von der World Bank Group, die zeigen, dass wir die extreme Armut innerhalb von 15 Jahren abschaffen können. 2015 werden unsere Regierungen eine neue Agenda der globalen nachhaltigen Entwicklung beschließen, die das Potenzial hat, auf unseren gemeinsamen Werten aufzubauen und so die vordringliche Aufgabe der Beendung der extremen Armut abzuschließen.

Wir Glaubensgemeinschaften machen uns dieses moralische Gebot zu eigen, weil wir die Überzeugung teilen, dass der moralische Prüfstein unserer Gesellschaft darin besteht, wie es den Schwächsten und Schutzbedürftigsten ergeht. Unsere heiligen Texte rufen uns ebenfalls dazu auf, gegen Unrecht zu kämpfen und den Ärmsten in unserer Mitte aufzuhelfen. Niemandem, gleich welchen Geschlechts, Alters, welcher Rasse oder welchen Glaubens, sollte die Möglichkeit verweigert werden, ein erfülltes Leben zu führen.

Unser gemeinsamer moralischer Konsens

Darum verletzt uns das Fortbestehen der extremen Armut in einer reichen Welt so tief. Unser Glaube wird angefochten und unsere Herzen sind gebrochen, wenn in einer Zeit beispiellosen Reichtums und nie gesehener wissenschaftlicher Fortschritte so viele noch immer in entwürdigenden Verhältnissen leben. Wir wissen nur zu gut, dass extreme Armut menschliche Ziele zunichtemacht, menschliches Potenzial erstickt und menschliche Würde beleidigt. In unserer zunehmend vernetzten Welt gibt es genug, um sicherzustellen, dass niemand um sein tägliches Überleben kämpfen muss.

Die Beendung der extremen Armut erfordert eine umfassende Herangehensweise, die sich mit ihren tieferen Ursachen befasst – dazu gehören vermeidbare Krankheiten, ungenügender Zugang zu hochwertiger Bildung, Arbeitslosigkeit, Korruption, Gewaltkonflikte und die Diskriminierung von Frauen, ethnischen Minderheiten und anderen Gruppen. Sie wird auch eine Veränderung der Gewohnheiten erfordern, die Armut verursachen – Habgier und Verschwendung, Gefühllosigkeit gegenüber dem Schmerz anderer und Ausbeutung von Menschen und Natur. Sie verlangt einen ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz, der Kulturen und Institutionen sowie Herzen und Gedanken verändert.

In zu vielen Teilen der Erde gelten Frauen und Mädchen als Menschen zweiter Klasse. Man verweigert ihnen den Zugang zu Bildung und Beschäftigung und sie werden Opfer von Gewalt, Menschenhandel und sexueller Ausbeutung. Solange nicht jedem einzelnen Menschen dieselben Grundrechte gewährt werden, kann niemand von uns sich wirklich entfalten.

Zudem müssen wir zweifelsfrei festhalten, dass eine Beendung der extremen Armut nicht möglich ist, ohne den Klimawandel einzudämmen und Ungleichheit zu bekämpfen. Der Klimawandel schadet bereits jetzt überproportional Menschen, die in Armut leben. Extreme Ungleichheit, innerhalb eines Landes und zwischen Ländern, widerspricht unseren gemeinsamen religiösen Werten, verschärft soziale und politische Auseinandersetzungen und behindert den Fortschritt. Was wir brauchen, ist ein neues Paradigma eines sozial inklusiven und ökologisch nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums.

Unser Aufruf zum Handeln

Wir glauben, dass jetzt die Zeit ist, das Übel der extremen Armut zu beenden – durch Wiederherstellung guter Beziehungen zwischen Menschen, Bekräftigung der Menschenwürde und Ermöglichung der ganzheitlichen Entwicklung aller Menschen. Wenn wir uns mehr dafür engagieren würden, diese gemeinsamen Werte zu leben, gäbe es weniger Armut auf der Welt.

Unsere gemeinsamen Überzeugungen drängen uns, diejenigen, die in Armut leben, zu ermächtigen und zu ermutigen – nicht zu erniedrigen – sodass sie für ihre eigene Veränderung aktiv werden können. Wir müssen mit einer Politik brechen, die allzu oft ihre Stimmen an den Rand drängt, ihnen selbst die Schuld an ihrer Lage gibt und extreme Ungleichheit verschärft. Jetzt ist die Zeit, Müdigkeit in neue Einsatzbereitschaft zu verwandeln, Gleichgültigkeit in Mitgefühl, Zynismus in Hoffnung und Ohnmacht in ein größeres Handlungsbewusstsein, dass wir die extreme Armut bis 2030 beenden können und werden.

Wir verpflichten uns, zusammenzuarbeiten, um den Skandal der extremen Armut zu beenden. Wir werden handeln, uns einsetzen, informieren und zusammenarbeiten, sowohl untereinander als auch mit größeren Initiativen. Und wir verpflichten uns, alle Leitungsebenen zur Verantwortung zu ziehen – im öffentlichen und privaten Bereich, zu Hause und international.

Unsere Herangehensweise an diese erschütternde Not muss ganzheitlich sein, verwurzelt in den geistlichen Visionen unserer jeweiligen Religionen, und sie muss in einem gemeinsamen Bewusstsein der immanenten Würde und des Eigenwerts jeglichen Lebens auf der Erde wurzeln.

Um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, ist eine Revolution im sozialen und politischen Willen nötig sowie neue Innovationen und eine verstärkte Zusammenarbeit aller Bereiche. Wir rufen internationale Organisationen, Regierungen, Unternehmen, die Zivilgesellschaft und die Religionsgemeinschaften auf, hierbei eine zentrale Rolle zu spielen und sich uns in dieser entscheidenden Sache anzuschließen.

Die Gefangenschaft in Armut von über einer Milliarde Männern, Frauen und Kindern muss ein Ende haben. Jetzt ist die Zeit, mutig zu handeln, um die nächste Generation aus der Gewalt der extremen Armut zu befreien.

Unterstützer

  • Actalliance, General Secretary, Dr. John Nduna
  • AmericanJewish World Service, President, Ms. Ruth Messinger Anglican Alliance, Joint Executive Director, Rev. Rachel Carnegie Bibliotheca Alexandria, Founding Director, Dr. Ismail Serageldin
  • Baha'i International Community, Principle Representative to the United Nations, Ms. Bani Dugal
  • Buddhist Global Relief, Chairperson, Venerable Bhikkhu Bodhi
  • Bread for the World, President, Rev. David Beckmann
  • Caritas Internationalis, Secretary General, Mr. Michel Roy
  • Catholic Relief Services, President and Chief Executive Officer, Dr. Carolyn Woo
  • ChurchWorld Service, President and Chief Executive Officer, Rev. John McCullough
  • EcoSikh, Board Member, Mr. Suneet Singh Tuli
  • Islamic Relief International, Chief Executive Officer, Dr. Mohamed Ashmawey
  • Islamic Society of North America, Office of Interfaith & Community Alliances Director, Dr. Sayyid Syeed
  • Interfaith WASH Alliance, Co-Founder, H.H. Pujya Swami Chidanand Saraswatiji
  • Joint Distribution Committee, Chief Executive Officer, Mr. Alan Gill
  • Milstein Center for Interreligious Dialogue, Director, Rabbi Dr. Burt Visotzky Organization of African Instituted Churches, General Secretary, Mr. Nicta Lubaale
  • Religions For Peace, Secretary General, Dr. William Vendley
  • Religious Action Center, Director, Rabbi Jonah Pesner
  • Sojourners, President and Chief Executive Officer, Rev. Jim Wallis Sarvodaya Shramadana Movement, General Secretary, Dr. Vinya Ariyaratne
  • TheSalvation Army, General André Cox
  • World Evangelical Alliance, Secretary General and CEO, Bishop Efraim Tendero
  • World Relief, President and Chief Executive Officer, Mr. Stephan Bauman
  • World Vision International, President, Mr. Kevin Jenkins

Die englische Originalfassung finden Sie unter: sar.my/faith2endpoverty

 

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