Jesus wird von einem Syrer gespielt

Guben hat bis zum 20.4. einen Ostergarten, der die Passionsgeschichte zeigt

Im Alltag der meisten Brandenburger spielt Religion keine Rolle. Nicht einmal 20 Prozent der Bevölkerung sind Mitglied einer Kirche. Die christliche Passionsgeschichte ist daher nur wenigen Menschen bekannt. Deshalb veranstaltet das Korps in Guben wieder einen Ostergarten. 16 Gruppen, darunter eine Schulklasse und ein Kindergarten, haben sich angemeldet, um in einer authentisch gestalteten Osterkulisse zu erleben, wie Jesus gestorben und auferstanden ist. „Letztes Jahr waren 250 Besucher dabei“, sagt die Offizierin Wencke Wanke. Auf dem 45-minütigen Rundgang durch das Gemeindehaus erfahren die Gäste mit allen Sinnen, wie sich die Geschichte zugetragen hat: In neun Räumen werden der Einzug nach Jerusalem, das letzte Abendmahl, der Verrat durch Judas und die Verleugnung durch Petrus, die Verurteilung durch Pontius Pilatus, die Kreuzigung und schließlich die Auferstehung dargestellt.

„Wir haben unser Gemeindezentrum komplett umgebaut“, sagt Wencke Wanke. „Wir mussten Türen herausnehmen, Fenster bekleben und Möbel ausräumen.“ In gut drei Tagen hat das Team neun Räume gestaltet - vom orientalischen Basar über das dunkle Gefängnis, von der felsigen Grabkammer bis zum Kreuz auf Golgatha. Eine besondere Attraktion für die Gruppen ist der Markt in Jerusalem. Hier gibt es Nüsse und Datteln zum Probieren. „Letztes Jahr hatten wir hier Lavendelduft. Der war zu stark, ich habe davon Kopfschmerzen bekommen“, lacht Wencke Wanke. Mittlerweile duftet es nach Brot. Neben dem üppigen Marktstand steht ein Esel aus Pappmaché. „Den haben wir aus Draht selbstgebaut“, so Korpsleiterin. Viele Requisiten stammen allerdings aus dem Fundus der evangelischen Landeskirche.

Immer wieder tauchen im Parcours Ehrenamtler aus der Gemeinde auf. Der eine wäscht die Hände, der andere reicht Traubensaft zum Pessachfest, dem letzten Abendmahl. „Bei uns wird Jesus von einem Muslim gespielt, ein Syrer. Er ist richtig stolz auf diese Rolle“, sagt Wencke Wanke. Texte müssen die Laienschauspieler allerdings nicht lernen. Bei der Kreuzigung ist zum Beispiel ein Augenzeuge aus einer Musikbox zu hören. Auch Pontius Pilatus kommt vom Band. Um die Dramatik der Situation zu unterstreichen, kann das Korps sogar Blitz und Donner auslösen.

Die Grabkammer gehört zu den Höhepunkten. Hier wird es vielen etwas unheimlich. Der Raum ist mit schwarzem Stoff ausgestattet. Am Boden liegt ein weißes Tuch. Alles ist leer. „Er ist nicht hier, er ist auferstanden“, wird mit blauem Licht auf die Wand projektiert. Das Kreuz ist wenige Schritte entfernt. Es steht im Jugendraum der Gemeinde.

Die Idee des Ostergarten geht auf eine Initiative von Annette und Lutz Barth aus der evangelischen Landeskirche in Baden zurück. Sie entwickelten eine interaktive Ausstellung zu einem Thema aus der Bibel. Heilsarmee-Offizierin Ruth Walz lernte das Konzept 2011 kennen und adaptierte es mit ihrem Mann 2022 für die Heilsarmee in Naumburg. Mittlerweile gibt es in vielen evangelischen und katholischen Gemeinden Ostergärten. Der wohl größte ist bis zum 21. April in Stuttgart zu sehen: 400 Ehrenamtler, 120 Schauspielerinnen und Schauspieler und 30 Jesus-Darsteller sind laut Veranstaltern an dem diesjährigen Ostergarten beteiligt.

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