Territorialleiter zu Gast in Berlin
Zum Amtsantritt des neuen Territorialleiters der Heilsarmee, Oberst Cedric Hills und seiner Frau Lyn Hills, Territoriale Präsidentin für Frauenarbeit, besuchten diese auch die Berliner Einrichtungen. Begleitet wurden die beiden von den Kommandeuren Johnny und Eva Kleman vom Internationalen Hauptquartier der Heilsarmee in London.
Freitag 9. September
The Limelight Collective, Kastanienallee. Man kann sich durchaus fragen, was Kunst und Performance mit der Heilsarmee zu tun haben! Nun, ganz einfach, erklärt Shawn Coleman den interessierten Gästen, die Wege auf denen Gott den Menschen begegnet sind meist unerwartet, vielfältig und kreativ. So haben wir als Künstler die konventionellen kirchlichen Rituale und Zeremonien abgelegt, um Jesus auf neuen kreativen Wegen zu entdecken. „Als Künstler sehe ich das wie den Prozess der Geburt: Aus einer Inspiration wächst eine Idee, die langsam Gestalt annimmt und wenn sie die künstlerische Reife erlangt hat, geht der Körper durch diese Transformation.“ Zur Demonstration hat das Künstlerteam einen Bibeltext rausgesucht und diesen als Choreografie vor den Gästen aufgeführt.
Das moderne Tanzstudio der Heilsarmee wurde kürzlich aufwändig saniert. Es liegt auf der belebten Kastanienallee in Berlin und profitiert von der offenen multikulturellen Nachbarschaft. Zu seinen künstlerisch-spirituellen Angeboten gehören u.a. das Soul-Space, christliche Bibelarbeit und Inspiration sowie Babysong und andere kreative Angebote für Kinder. Auf Vernissagen werden Bilder versteigert und die Einnahmen fließen zurück in die pädagogische Arbeit. Gerade wurde ein Projekt für ukrainische Flüchtlinge gestartet, in dem Ausdruckstanz als Therapie für die Bewältigung von Ängsten und Trauer junger Menschen eingesetzt wird.
Café Treffpunkt, Prenzlauer Berg. Im Café Treffpunkt der Heilsarmee begrüßen uns die Majore Rolf Metzger, Siggi und Angi Fischer mit Team. Sie referieren über die Schwierigkeiten der Heilsarmee im Osten Deutschlands zur Zeit des kalten Krieges, nachzulesen u.a. in den Büchern „Wendesplitter“ und „Fragments of Change“ von Rolf Metzger.
Heute ist das Café der Heilsarmee mit den sozial-christlichen Angeboten verlässliche Anlaufstelle für bedürftige Menschen im Viertel. Hier bekommen sie eine warme Mahlzeit, können sich im Winter aufwärmen und finden immer ein offenes Ohr für ihre Probleme. Da das Bezirksamt einen Teil der Kosten finanziert, wird hier natürlich auch regelmäßig kontrolliert. Daher sei hier alles in Ordnung, sagt Siggi Fischer. Er sei auch sehr froh über die neue Sozialarbeiterin, die wirklich was für die Leute bewegt. Dank der guten gewachsenen Nachbarschaft spenden viele Geschäfte im Viertel und helfen bei der Finanzierung von Lebensmittelausgaben oder Kleidung.
Während wir drinnen erzählen, läuft der Regelbetrieb im Café weiter. Das Wetter ist trocken. Also stehen die Gäste heute draußen an Tischen und lassen sich den Kaffee oder das Essen aus dem Fenster reichen. Das habe sich seit Corona so ergeben, sagt der junge Mann, der hier regelmäßig ehrenamtlich in der Küche mit anpackt. Am Tisch neben uns steht eine Besucherin, die sich warme Pellkartoffeln mit Sauce für Zuhause einpackt. Sie heißt Cindy und kommt seit ein paar Monaten mit ihrem Pekinesen ins Café. Weil die Rente nicht reicht, ist sie auf die Essensausgabe der Heilsarmee angewiesen.
Mit Siggi hat sie sich angefreundet. Als sie herkam habe sie 105 Kilo gewogen. Siggi habe ihr Mut gemacht und geholfen abzunehmen. Heute, sagt sie stolz, wiege ich 68 Kilo und leite seit kurzem eine Kindergruppe im Aerobic an.
William Booth Haus, Hanauer Straße. Nicht kontrollieren, sondern Vertrauen aufbauen, sei das Motto der Einrichtung der Heilsarmee für Menschen in Notlagen, erklärt die Leiterin Irena Thurmann und führt die Gäste durch die drei Etagen des Hauses mit den insgesamt 40 Plätzen. Auf je einer Ebene sind Bewohner mit ähnlichen Betreuungsschwerpunkten in Einzelzimmern untergebracht. Entweder kommen die Menschen zu uns aufgrund einer Suchterkrankung oder sie sind psychisch krank oder weil sie beide Symptome aufweisen. Sie alle sind akut nicht in der Lage alleine zu leben, viele von ihnen haben sich als Obdachlose durchgeschlagen, bevor sie ins William Booth Haus (WBH) kamen. Da der Bedarf nach solchen Betreuungsplätzen in Berlin groß ist, plant die Heilsarmee in der Dickhardtstraße in Berlin-Südwest 20 weitere Zimmer mit insgesamt 30 Wohnplätzen.
Gegenseitiger Respekt, Würde und Vertrauen seien die Grundlagen ihrer Arbeit, sagt Irena Thurmann. Wenn jemand mal schwach wird, einen Rückfall hat und getrunken hat, werfen wir ihn nicht gleich raus, sondern ermutigen zum Durchhalten. Es gebe aber auch Grenzen. So müssen Bewohner, die gewalttätig werden und sich oder andere gefährden, unverzüglich das Haus verlassen. Oberst Hills sucht während der Hausbesichtigung die Nähe zu den Bewohnern und spricht Herrn Wolter an, einen langjährigen Bewohner, der gerne persönlich Auskunft gibt.
Weil der Sozialhilfesatz den Bewohnern nur wenig Spielraum für zusätzliche Einkäufe oder Anschaffungen lässt, gibt es im WBH die Möglichkeit, sich etwas dazu zu verdienen. Im Reinigungsteam, bei Reparaturen oder Umzügen können die Bewohner pro Stunde einen Euro dazu verdienen. Für den Gegenwert von 10 Euro erhalten sie einen Willie oder eine Cathie (abgeleitet von den Gründern William und Catherine Booth). So habe kürzlich ein Bewohner sich den langen Wunsch erfüllt und sich ein E-Bike von dem Zuverdienst gekauft, erklärt Stefano Müller, einer der leitenden Sozialarbeiter.
Heilsarmee ist flexibel und kreativ. Zu diesem Fazit kommen die Gäste abends gemeinsam im „Willi B“, dem Café und Treffpunkt der Einrichtung, 200 Meter vom WBH entfernt.
Oberste Cedric und Lynn Hills sind beeindruckt von den vielfältigen kreativen Angeboten, mit denen die Heilsarmee hier in Berlin auf die Menschen zugeht und resümieren: „Wir sind sehr froh, diese Reise gleich zu Beginn unserer Ankunft in Deutschland gemacht zu haben, anstatt im Büro die Akten zu sichten und uns organisatorisch erstmal einzurichten, wie das gewöhnlich der Fall ist, wenn wir irgendwo neu starten“ so der Territorialleiter Cedric Hills. „Bei aller Vielseitigkeit der Angebote, die wir hier in Berlin kennengelernt haben, sind sie ein Teil der Heilsarmee, die für die Menschen da ist. Die Teams vor Ort machen einen hervorragenden Job, wie wir heute erleben konnten.“
Begeistert waren auch die Kommandeure Johnny und Eva Kleman vom Internationalen Hauptquartier (IHQ) über ihren Besuch: „Häufig geht es bei unseren Besuchen in den Europäischen Territorien um Herausforderungen struktureller oder finanzieller Art. Doch hier in Berlin durften wir erleben, wie vielfältig und ermutigend die Heilsarmee sein kann. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen in Europa sollten wir möglicherweise den Beispielen folgen und viel kreativer sein, um mit Menschen in Kontakt zu treten und über Jesus zu sprechen.“
Korps Berlin-Südwest, Fregestraße. Auch heute wird es ein ausgefülltes Tagesprogramm geben, dessen Höhepunkt die Amtseinführung und Willkommensfeier ist. Am Morgen führen Oberstleutnante David und Marsha Bowles die Gäste durch das Korps Berlin-Südwest, erzählen von den neuen spendenfinanzierten Einsatzwagen, den vielen Aktivitäten und auch Synergien in der Gemeinde und mit der Kindertagesstätte. Auch von ihren Plänen, die Arbeit der Heilsarmee am Standort auszubauen berichten die beiden und betonen, wie gut eingespielt das Team zusammenarbeitet.
Die langjährige Baustelle des Mietshauses in der Dickhardtstraße war sicherlich eine zusätzliche Belastung, doch trotz der anhaltend schwierigen Situation im Baugewerbe scheint die Fertigstellung im kommenden Jahr realistisch. Nicht nur Fassade und Mietwohnungen werden auf einen neuen energetischen Stand saniert, sondern ein weiteres Dachgeschoss aufgestockt. Mit der Fertigstellung des Gebäudes sind auch 30 Plätze für ambulant betreutes Wohnen vorgesehen, die in Kooperation mit dem William Booth Haus betrieben werden sollen.
Kindertagesstätte Volltreffer, Fregestraße. Die Besichtigung des Kindergartens bringt unweigerlich auch Erinnerungen an die eigene Kindheit wieder. Doch inzwischen werden Kinder im Vorschulalter nicht einfach nur betreut, sondern ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert, um zu einer bestmöglichen persönlichen Entwicklung beizutragen.
Der Leiter Matthias Klockow und sein Kollege Alexander führen uns durch die Kindertagesstätte. Vor 35 Jahren, am 1. August 1987 wurde die KiTa von der Heilsarmee in Betrieb genommen. Heute werden hier 60 Kinder nach unterschiedlichen Förderschwerpunkten wie Bewegung, Künstlerische Bildung und Sprache betreut. Etwa ein Drittel der Kinder kommt aus mehrsprachigen Elternhäusern, was die Anforderungen an die pädagogische Betreuung erhöht. Kinder, die unter Allergien leiden oder besondere Krankheitsbilder mitbringen brauchen nicht nur intensive Betreuung und Förderung, sondern auch alternative Bewegungsabläufe oder besondere Diäten. Kein einfacher Beruf und Klockow ist froh über die fachlich geschulten und loyalen Mitarbeitenden im Team, nicht zuletzt auch das Ergebnis der kirchlichen Tarifregelung.
„Wir ergänzen uns hier ganz prima“, sagt Klockow. Gemeinsam mit dem Korps Berlin-Südwest gibt es viele gemeinsame Aktivitäten und auch Synergien. „So laden wir die Eltern und Kinder zu unseren christlichen Festen ein oder feiern das Sommerfest hier in der Gemeinde.“
Samstag 14 Uhr.
Willkommensfeier. Offiziere und Mitglieder der Heilsarmee füllen den Saal im Korps Berlin-Südwest. Es sind ca. 120 Plätze. Nicht nur aus Berlin, manche sind auch von weiter her aus ganz Deutschland angereist.
Die Willkommensfeier und Amtseinführung der Obersten Cedric und Lyn Hills mit den Gästen, den Kommandeuren Johnny und Eva Kleman und Oberstleutnant Hartmut Leisinger wurde live aufgezeichnet.
Persönlich begrüßt wurden die Territorialleiter von Vertretern aus den Korps der Heilsarmee, von Vertretern des Kinder- und Jugendbereichs und der Einrichtungen.
Die Live Aufzeichnung der Willkommensveranstaltung können Sie hier noch einmal anschauen: