„Unser Fest schenkt Zuversicht“

Foto: Uwe Schmitz

Manuel Kramp leitet seit Juni 2024 das Erik-Wickberg-Haus der Heilsarmee, ein Männerwohnheim im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Zuvor war er viele Jahre für andere karitative Träger tätig. Im Interview spricht er über die Bedeutung von Weihnachten für notleidende Menschen.

Weihnachten steht vor der Tür – was bedeutet das für Ihre Bewohner?

Weihnachten ist für unsere Bewohner eine ganz besondere Zeit. Viele von ihnen haben lange auf der Straße gelebt und verbinden diese Feiertage oft mit sehr schwierigen Erinnerungen. Einsamkeit, Kälte, Ausgrenzung – das sind schmerzhafte Erfahrungen. Bei uns erleben sie Weihnachten nun als ein Fest der Gemeinschaft und Geborgenheit. Es gibt ihnen ein Stück Würde und Normalität zurück.

Was macht die Weihnachtsfeier im Erik-Wickberg-Haus so besonders?

Ganz ehrlich? Das großartige Buffet! Aber eine Weihnachtsfeier ist natürlich mehr als nur ein festliches Essen. Es ist ein Moment, in dem die Männer spüren, dass sie Teil einer Gemeinschaft sind, die sie wertschätzt. Viele haben diese Art von Geborgenheit lange nicht mehr erlebt. Wir essen gemeinsam, singen Weihnachtslieder und es gibt kleine Geschenke – das stärkt den Zusammenhalt und schenkt Hoffnung. Für viele bleibt Weihnachten aber dennoch eine schwierige und belastende Zeit.

Wie sind die Reaktionen auf das Fest? Gibt es eine besondere Stimmung?

Absolut. Viele der Männer sind anfangs zurückhaltend, weil sie es nicht gewohnt sind, dass ihnen so viel Aufmerksamkeit und Zuwendung geschenkt wird. Außerdem verbinden viele der Männer Weihnachten mit den über den Jahren schmerzhaft abgebrochenen Kontakten zur Familie. Manche wollen es aufgrund dessen auch gerne schnell „hinter sich bringen“. Aber wenn die Feier beginnt und alle zusammen einen besonderen Abend verbringen, dann ändert sich die Stimmung schon und eine gewisse Ruhe und Dankbarkeit macht sich breit und auch Freude erfüllt unseren Speisesaal.

Was wünschen sich die Bewohner am meisten zu Weihnachten?

Es sind vor allem materielle Wünsche, kleine individuelle Geschenke oder Gutscheine, um sich Wünsche zu erfüllen, die im restlichen Jahr nicht unbedingt in ihrem Budget sind. Aber ich denke, die meisten wünschen sich, dass sie einen Weg zurück in ein stabileres Leben finden und im Idealfall irgendwann mit unserer Unterstützung wieder in den eigenen vier Wänden leben können. Daher schätze ich, dass Weihnachten für unsere Bewohner, wie für viele andere Menschen auch, eine Zeit zum Innehalten, reflektieren und zur Ruhe kommen darstellt – und dies kann ja durchaus emotional – aber gleichzeitig auch zukunftsorientiert sein.

Wie erleben Sie persönlich die Weihnachtsfeier im Wohnheim?

Ich arbeite ja bereits lange in der Wohnungslosenhilfe und habe schon viel erlebt. Aber es ist jedes Jahr ein sehr emotionaler Moment. Die Mischung aus Anspannung, innerer Einkehr aber auch der gegenseitigen Rücksicht und vor allem der Freude an der Gemeinschaft zeigt uns, dass es wichtig ist zusammenzukommen. Weihnachten ist für mich das Fest der Menschlichkeit, und hier in unserer Einrichtung erleben wir genau das – ein Miteinander, das Mut und Hoffnung schenkt.

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