Wegen Corona: Nach 20 Jahren wieder Krankenschwester

Heilsarmee-Offizierin Anni Lindner (40) ist nach 20 Jahren plötzlich wieder Krankenschwester und hilft während der Corona-Krise im Berliner Auguste-Viktoria-Klinikum.

Es war ein Hilferuf der Stadt Berlin zu Beginn der Corona-Krise. Jeder, der zum Pflegepersonal gehört oder mal gehört hat, solle sich doch melden, die Kliniken könnten in Pandemie-Zeiten jetzt jede helfende Hand gebrauchen.

Für Heilsarmee-Kapitänin Anni Lindner stand sofort fest: Als examinierte Krankenschwester wollte sie helfen. Dabei war sie gut 20 Jahre nicht mehr in dem Beruf tätig. Seit 2002 ist sie bei der Heilsarmee, seit 2008 Offizierin (Pastorin). Mit ihrem Mann leitet sie das Korps Berlin Süd-West, macht dort die Gemeindearbeit. Die beiden organisieren Gottesdienste, schicken die mobile Suppenküche durch Berlin, bieten Programme für Alleinerziehende und Elterncafés an. Gerade in Corona-Zeiten widmet sich die Heilsarmee besonders intensiv wohnungs- und obdachlosen Menschen, die jetzt besonders unter den neuen Bedingungen leiden. Durch das Kontaktverbot gerät aber auch das Gemeindeleben durcheinander. „Die Gottesdienste konnten wir nur noch über Facebook, Instagram und YouTube abhalten, viele Treffen dürfen nicht mehr stattfinden.“ Da erfuhr sie von dem Hilferuf der Stadt Berlin: Krankenschwestern dringend gesucht!

„Ich habe mich direkt gemeldet.“

Ursprünglich sollten es nur vier Wochen und drei Stunden die Woche sein, die Anni Lindner im Auguste-Viktoria-Klinikum aushilft – und erst mal auf Abruf. Doch die Heilsarmee-Kapitänin wusste, dass sie sich nach 20 Jahren natürlich erst einmal neu einarbeiten musste: „Also habe ich – um in meinen alten Beruf wieder reinzukommen - angeboten, sechs bis zwölf Stunden die Woche zu arbeiten, was ich jetzt in der Klinik auf der neurologischen Station auch tue.“ Nach 20 Jahren, in denen sie ihr berufliches Leben mehr oder weniger selbständig und autark organisieren konnte, sieht sie sich nun in der Corona-Krise plötzlich wieder den Herausforderungen eines Klinik-Alltags ausgesetzt. „Ich bin jetzt einfach nur ein kleines Rädchen im Getriebe und muss gucken, was ich nach so langer Zeit noch beitragen kann. Aber ich stehe zur Verfügung. Vorher hatte ich es mehr selbst in der Hand, was als nächstes angepackt wird.“

Gottes Wege sind ... überraschend

Anni Lindners Gebet in diesen Tagen ist, dass sie trotz der fehlenden Berufserfahrung Menschen hilfreich sein kann – und dass Covid-19 in seiner extremen Ausbreitung bald Geschichte ist. „Aber jetzt ist jetzt, und dann ist dann“, sagt Schwester Anni. Die Rückkehr in den erlernten Job „extrem aufwühlend“, wie die Mutter von sechs Kindern sagt. Viel Wissen – etwa über die Medikamentenvergabe - müsse erst wieder aktualisiert werden. „Man kommt ans Limit.“ Doch sie liebe ihren Job, sagt sie. Die Tätigkeit als Krankenschwester werde sie jetzt erst mal vier Wochen ausüben. „Wenn es notwendig sein sollte und man mich braucht, werde ich das dann erweitern. Denn als Christin möchte ich versuchen mutig mit dem umzugehen, was Gott mir vor die Füße legt.“

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