Zahl der Wohnungslosen in Deutschland steigt weiter an

284.000 Menschen sind derzeit wohnungslos, Tendenz steigend

Auf Augenhöhe mit den Menschen auf dem Kiez – ein Mitarbeiter des Hamburger Missionsteams der Heilsarmee
(Fotografin: Maria Feck)

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), deren Mitglied die Heilsarmee in Deutschland ist, meldet einen drastischen Anstieg der Wohnungslosigkeit in Deutschland. 2012 waren etwa 284.000 Menschen in Deutschland ohne eigene Wohnung, davon etwa 32.000 Kinder und minderjährige Jugendliche.

Damit ist die Zahl der wohnungslosen Menschen in den letzten zwei Jahren um rund 15 % gestiegen (im Jahr 2010 waren es noch 248.000). Auch die Zahl der Menschen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, stieg von etwa 22.000 in 2010 auf rund 24.000 in 2012 - eine erneute Steigerung von circa 10 %.

„Diese Tendenz erfüllt uns mit großer Besorgnis. Wir sehen unsere Aufgabe verstärkt darin, wohnungslosen Menschen zu helfen und der Entwicklung gegenzusteuern.“

Majorin Marianne Meyner, Leiterin des Sozialwerks der Heilsarmee

Prognose bis 2016: bis zu 380.000 wohnungslose Menschen in Deutschland

Angesichts der sozialen und politischen Rahmenbedingungen werden sich die beschriebenen Trends weit über 2012 hinaus fortsetzen, sodass mit einem weiteren Anstieg zu rechnen ist. Deshalb prognostiziert die BAG W  einen Anstieg der Wohnungslosenzahlen auf 380.000 (+33 %) bis zum Jahr 2016.

Ursachen für die steigende Zahl der Wohnungslosen laut BAG W:

Hohe Mieten, Verarmung und Fehlentscheidungen bei Hartz IV

Nach Meinung der BAG W sind im Wesentlichen fünf Faktoren maßgeblich für den dramatischen Anstieg der Wohnungslosenzahlen und dessen Fortsetzung in den kommenden Jahren:

  1. das extreme Anziehen der Mietpreise, ins. in den Ballungsgebieten bei gleichzeitig verstärkter Zunahme der Verarmung der unteren Einkommensgruppen
  2. ein unzureichendes Angebot an preiswertem Wohnraum in Verbindung mit dem ständig schrumpfenden sozialen Wohnungsbestand, dem nicht durch Neubau und soziale Wohnungspolitik gegengesteuert wurde
  3. Verarmung der unteren Einkommensgruppen in engem Zusammenhang mit der Dauerkrise am Arbeitsmarkt, die nicht zu einem Absenken der Zahl der Langzeitarbeitslosen geführt hat. Zugleich hat sich der Niedriglohnsektor aufgrund eines fehlenden Mindestlohns weiter extrem ausgedehnt.
  4. andauernde schwerwiegende sozialpolitische Fehlentscheidungen bei Hartz IV: Sanktionierung auch bei den Kosten der Unterkunft von jungen Erwachsenen, unzureichende Anhebung des ALG II - Regelsatzes, Zurückfahren der Arbeitsförderungsmaßnahmen
  5. unzureichender Ausbau von Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten in Kommunen und Landkreisen. In vielen Fällen könnte bei Meldung des drohenden Wohnungsverlustes an eine entsprechende Fachstelle Wohnungslosigkeit vermieden werden. Doch viel zu wenige Kommunen und Landkreise, ins. in Ostdeutschland, machen von den gesetzlichen Möglichkeiten (SGB II und SGB XII) zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit Gebrauch.

Definition „Wohnungslos“

Wohnungslos ist, wer nicht über einen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügt. Aktuell von Wohnungslosigkeit betroffen sind danach Personen,

im ordnungsrechtlichen Sektor

  • die aufgrund ordnungsrechtlicher Maßnahmen ohne Mietvertrag, d. h. lediglich mit Nutzungsverträgen in Wohnraum eingewiesen oder in Notunterkünften untergebracht werden

im sozialhilferechtlichen Sektor

  • die ohne Mietvertrag untergebracht sind, wobei die Kosten nach Sozialgesetzbuch XII und/oder SGB II übernommen werden
  • die sich in Heimen, Anstalten, Notübernachtungen, Asylen, Frauenhäusern aufhalten, weil keine Wohnung zur Verfügung steht
  • die als Selbstzahler in Billigpensionen leben
  • die bei Verwandten, Freunden und Bekannten vorübergehend unterkommen
  • die ohne jegliche Unterkunft sind, "Platte machen"

im Zuwanderersektor

  • Aussiedler, die noch keinen Mietwohnraum finden können und in Aussiedlerunterkünften untergebracht sind

    Anerkannte Asylbewerber in Notunterkünften zählen im Sinne der Definition zwar zu den Wohnungsnotfällen, werden aber bei den Wohnungslosenzahlen im engeren Sinne nicht berücksichtigt.

Da es in Deutschland keine bundeseinheitliche Wohnungsnotfall-Berichterstattung auf gesetzlicher Grundlage gibt, muss die BAG W Schätzungen für ihre Bewertungen vornehmen.

Quelle www.bagw.de

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