Nächstenliebe auf Rädern
Das Lastenfahrrad in Chemnitz
Sommerliche Hitze hat Deutschland fest im Griff. Auch in Chemnitz ist das Thermometer in den letzten Wochen immer wieder auf 30 Grad und mehr gestiegen. Das freut alle, die mit einem Eis im Freibad chillen können. Doch für Menschen, die auf der Straße leben müssen, sind die hohen Temperaturen alles andere als ein Vergnügen. „Viele haben nicht genügend Trinkwasser und keinen Zugang zu kühlen Räumen“, schildert Heilsarmeeoffizier Matthias Lindner. „Da kann die Situation schnell gesundheits- oder sogar lebensbedrohlich werden.“ Deshalb sind er und sein Team an heißen Tagen mit dem Lastenrad im Zentrum und in den Parks der sächsischen Großstadt unterwegs. Sie verteilen Wasser und Essen an Bedürftige, stehen für Gespräche bereit und informieren über weitergehende Hilfsangebote. „Unser Ziel ist es, dass die Menschen langfristige Hilfe bekommen", so der Heilsarmeeoffizier.
Zwei Räder, viele Möglichkeiten
Das Lastenfahrrad, das das Chemnitzer Korps dank großzügiger Spenden Ende 2022 kaufen konnte, ist für diese Einsätze ideal. Mit ihm kommen Lindner und seine Mitarbeiter schnell und einfach zu hilfsbedürftigen Menschen – auch an Orte, die mit einem Auto nicht oder nur schwer erreichbar sind. In der geräumigen Lastenbox ist genug Platz für Lebensmittel und weitere Hilfsgüter. Und der solide Deckel erfüllt auch als Tisch und Standfläche für Suppentopf und Co eine wichtige Funktion. „Mit dem Lastenfahrrad können wir Menschen schneller und besser helfen“, bringt Matthias Lindner die Vorzüge auf den Punkt.
Kältehilfe mit dem Lastenrad
Das hat sich auch im Rahmen der Kältehilfe im Winter und Frühjahr gezeigt. Ähnlich wie Hitze können natürlich auch Minustemperaturen lebensgefährlich für obdachlose Menschen werden. Deshalb hatte die Heilsarmee eine Notfallnummer eingerichtet, unter der die Anrufer auf Menschen aufmerksam machen konnten, die der Kälte schutzlos ausgesetzt waren. „Im Schnitt haben wir dreimal pro Woche einen Anruf über diese Nummer bekommen“, so Matthias Lindner. Häufig klingelte das Handy am späten Abend oder in der Nacht. Kein Problem für das engagierte Team in Chemnitz: „Wir haben dann gleich heiße Getränke, Essen, warme Kleidung und Schlafsäcke eingepackt und waren wenig später schon unterwegs, um Soforthilfe zu leisten und wenn nötig eine warme Unterkunft zu beschaffen“, erzählt der Offizier.
Effizienter als der Einsatzwagen
Die Stärken des Lastenrads wurden in diesen Situationen besonders deutlich. Wie in vielen Städten halten sich auch in Chemnitz Obdachlose vor allem in der Innenstadt – und damit in einer Fußgängerzone – auf. „Bevor das Lastenrad da war, mussten wir häufig weit weg parken, dann die Hilfsgüter zum Einsatzort schleppen und später wieder zurück zum Wagen laufen, um Nachschub zu holen“, berichtet Matthias Lindner. „So hat ein Einsatz in der Nacht bis zu drei Stunden gedauert; die Hilfsbedürftigen mussten teilweise auf uns warten. Jetzt können wir mit dem Lastenrad direkt zu den Menschen fahren, haben alles dabei und können sie sofort mit dem Nötigsten versorgen. Das macht unsere Arbeit leichter – und nützt vor allem denjenigen, die unsere Unterstützung brauchen.“