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Die Heilsarmee in Dresden

Eine Sozialeinrichtung der Heilsarmee in Deutschland

"Als Obdachloser ist man der letzte Dreck"

Autor Richard Brox war zu Gast bei der Heilsarmee in Dresden. Bei seiner Lesung schilderte er drastisch, wie er sich als obdachloser Mensch gefühlt hat. Die Veranstaltung war die vierte in einer Reihe, bei der Brox in Korps und Einrichtungen der Heilsarmee aus seiner Biografie liest und erzählt.

In Dresden waren rund 35 Besucherinnen und Besucher in den Korpssaal gekommen, um seine Geschichte zu hören und sich direkt mit Richard Brox auszutauschen. Sie erlebten zwei intensive Stunden. Schonungslos und mit großer Eindringlichkeit schilderte der Autor, wie er als junger Mann von heute auf morgen seine Wohnung und seine gesamte Habe verlor, sich ohne Hilfe auf der Straße zurechtfinden musste und nur unter großen Schwierigkeiten zurück in ein „normales“ Leben fand. Veronique*, einer der Besucherinnen, kamen zwischendurch die Tränen. „Die Geschichten haben mich total berührt“, erzählte sie in der Pause. Betroffenheit war auch anderen Besuchern anzumerken – zum Beispiel Petra*, die selbst 13 Jahre auf der Straße gelebt hat und heute andere obdachlose Frauen berät. „Viele Situationen und Missstände, die Richard Brox beschreibt, habe ich selbst ganz ähnlich erlebt“, sagt sie. „Er bringt wirklich auf den Punkt, wie das Leben draußen ist.“

Viele Fragen aus dem Publikum

Nach der Lesung gab es viele Fragen an Richard Brox. „Hatten Sie oft Angst, als Sie obdachlos waren?“, wollte eine Besucherin wissen. Es habe immer wieder beängstigende Situationen gegeben, sagte Brox: „Da hilft nur weglaufen – oder zuschlagen.“ Wie hat Brox sich auf der Straße zurechtgefunden? „Ich habe viel von älteren Obdachlosen gelernt, die mich unter ihre Fittiche genommen haben. Diese Art von Solidarität gibt es heute auf der Straße so leider kaum noch.“ Wie können gerade junge Menschen vermeiden, dass sie in Sucht und Obdachlosigkeit geraten? „Auf jeden Fall versuchen, die Schule abzuschließen und eine Ausbildung zu machen. Und ganz wichtig: Rechtzeitig Hilfe suchen, wenn man allein nicht weiterkommt!“ Wie engagiert sich der Autor heute? „Ein Schwerpunkt ist, dass ich schwerkranke obdachlose Menschen unterstütze, die oft ganz allein sind. Mein Ziel ist ein Hospiz für Obdachlose.“ Gibt es etwas am Leben auf der Straße, das Brox vermisst? „Ganz klar: die Freiheit!“

Großes Interesse an der Heilsarmee

Großes Interesse gab es auch an der Arbeit der Heilsarmee in Dresden. „Was macht Ihr hier in der Stadt eigentlich genau?“, fragte ein Besucher. Majorin Jutta Rapp beschrieb daraufhin das breite Hilfsangebot. „Mit dem Lindenhaus betreiben wir ein Wohnheim für junge, obdachlose Männer“, sagte die Offizierin. „Außerdem gibt es unseren Tagestreff. Hier können bedürftige Menschen an jedem Wochentag Frühstück, Mittagessen und Lebensmittelpakete bekommen, duschen, ihre Wäsche waschen und sich seelischen Beistand und Sozialberatung holen.“ Im Zweite-Chance-Laden gibt es gute gebrauchte Kleidung und andere Dinge des täglichen Bedarfs für kleines Geld oder sogar kostenlos. Eine große Rolle spielt in Dresden die Straßensozialarbeit; zwei Streetworker der Heilsarmee sind ständig in der Stadt unterwegs und bieten ihre Hilfe an. Die mobile Essensausgabe rundet das breite Angebot ab. Zweimal pro Woche bringt der Heilsarmee-Einsatzwagen warme Suppe und Getränke an den Bischofsplatz in der Dresdner Neustadt.

Erfolgreiche Veranstaltung in schwierigen Zeiten

Therese Obeck, Leiterin der Heilsarmee in Dresden, wertete die Veranstaltung als Erfolg. Sie und ihr Team hatten viel Arbeit in die Vorbereitung gesteckt; den Saal hergerichtet und leckeres Essen zubereitet. Sogar die kleine Band, die das Programm mit Lobpreis bereicherte und das Publikum zum begeisterten Mitsingen brachte, bestand aus Mitarbeitern. „Natürlich hat das zusätzliche Arbeit verursacht, aber die Veranstaltung war uns wichtig“, sagte Therese Obeck. „Wir erleben hier jeden Tag, dass die Lage für arme und bedürftige Menschen sehr schwierig ist und sich eher noch verschlimmert. Gleichzeitig nimmt die Unterstützung ab. Darauf wollten wir mit der Lesung aufmerksam machen und um Hilfe für Menschen am Rand der Gesellschaft werben. Ich hoffe, das ist uns geglückt.“

*Auf Wunsch der Zitierten nennen wir nur deren Vornamen.

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