Glückwunsch! Das Heilsarmee-Korps in Hamburg wird 130 Jahre alt

Wer hätte das gedacht: Das Heilsarmee-Korps in Hamburg wird stolze 130 Jahre alt. Doch aus gegebenem Anlass ist es ein stilles Jubiläum – ohne Veranstaltungen, ohne Festakt. „Leider können wir das wegen der Corona-Auflagen nicht durchführen“, sagt Kapitänin Mareike Walz. „Dennoch sind wir weiterhin mobil auf St- Pauli unterwegs, laufen mit einem Team von Frauen über den Kiez und beten für die Menschen und den Ort.“ Donnerstag werden warme Getränke verteilt, und man hat natürlich immer ein offenes Ohr für die Nöte der Menschen. „Mittwochs ist mobile Tafelausgabe, zurzeit verteilen wir da 50 Tüten“, so Mareike Walz. Ein weiterer Tag mit Verteilung von warmem Essen ist in Planung. Momentan ist die Gemeinde übergangsweise im Jakob-Junker-Haus in Groß Borstel untergebracht, da das Gebäude in der Talstraße saniert und voraussichtlich im Dezember 2021 fertig gestellt sein wird - dementsprechend eingeschränkt sind die Aktivitäten. Die sonntäglichen Gottesdienste finden in der Christuskirche Altona statt. Doch die Zusammenarbeit der Suchtberatungsstelle Park-In in Billstedt, dem Jakob-Junker-Haus, dem Missionsteam und dem Hamburger Korps läuft trotz aller Hindernisse der gegenwärtigen Lage nach wie vor Hand in Hand.

William Booth in Hamburg

Die Geschichte unseres Hamburger Korps begann 1890, als Kommandeur George Railton, der erste Territorialleiter der Heilsarmee in Deutschland aus Preußen ausgewiesen und in der Hansestadt aufgenommen wurde. Dort ließ er in seiner Wohnung Stubenversammlungen durch Leutnant Herrmann halten, 1891 war denn auch Hamburg das erste Ziel, das William Booth auf seiner ersten Deutschlandreise besuchte. Im berühmten „Hotel Streit’s“ hielt er eine Versammlung für 100 eingeladene Gäste ab. Im Jahre 1899 gründete die Heilsarmee in Hamburg ihre erste Einrichtung – ein „Frauenrettungsheim“ im Stadtteil Eppendorf, in den Jahren 1904 bis 1913 entstanden große Männerheime unter der Leitung des Adjutant Bodzin. In Borstel, in der Gustavstraße, Albertstraße und am Nagelsweg waren Plätze für 550 Männer.

In den 20er Jahren kamen Frauenheime in der Winckelstraße und Neuen ABC-Straße hinzu, ebenfalls das Hospiz in der Talstraße. Unter der Leitung von Otto Bobzin wurde die Nachfrage schnell größer, so dass bis 1929 fast zwei Millionen Übernachtungen gezählt wurden.1930 wurde in Harvestehude eine frühere Schule für höhere Töchter gekauft und als Altersheim eingerichtet. Im Dritten Reich nahm die Heilsarmee durch die Nazi-Diktatur großen Schaden, viele Gebäude mussten geräumt werden.

Jüdischen Arzt im Ofen versteckt

In den Saal des Hamburger Korps zog eine Ofenfirma ein, was es einem Heilsarmee-Offizier ermöglichte, einen jüdischen Arzt fast ein Vierteljahr in einem dort gelagerten Kachelofen versteckt zu halten. Nach dem Krieg ging es wieder aufwärts mit der Heilsarmee: „Im darauffolgenden Sommer wurde in einem am Elbestrand gelegenen Hotel ein Kinderheim eröffnet, um monatlich jeweils 50 Kindern eine Erholung auf der »Sonnenseite« zu geben. »Sonnenseite« wurde das Heim genannt, weil seine kleinen Insassen zum größten Teil aus den ruinenüberschatteten Kellerwohnungen oder Wohnanlagen der Hansestadt kamen“, heißt es in einer Ausgabe des „Kriegsruf“ von 1947. Zahlreiche Aktivitäten zum Wohle der notleidenden Großstadtbevölkerung wie Höhensonnenbehandlungsräume für rachitisch kranke Kinder, Suppenküchen und Wärmestuben, Kindertagesheime in Baracken wurden eingerichtet. Am 28. Februar 1954 wurden zwölf Jugendmusiker geweiht. Zu Spitzenzeiten gab es in Hamburg sechs bis sieben Korps, seit der Schließung von Korps 2 jedoch nur noch ein Korps in der Stadt: jenes in der Talstraße, mitten auf St. Pauli. Zum Jubiläum des 90-jährigen Bestehens schrieb der damalig Territorialleiter Francy Cachelin im Jahr 1980 bereits über das Korps in Hamburg: „In der ganzen Welt beneiden die Salutisten die strategische Position Ihrer Festung des Evangeliums.“

Und zum 100. Jahrestag des Bestehens des Hamburger Korps schrieb der damalige Bürgermeister der Hansestadt Henning Voscherau im Jahr 1990: „Manch einer hat nur verschwommene Vorstellung von der Arbeit der Heilsarmee. Mit einem Heer von Helfern hat sie bereits bei der großen Choleraepidemie von 1892 unzähligen Menschen geholfen, auch bei der Flutkatastrophe 1962 viel Not gelindert.“

Auch in der heutigen Corona-Zeit ist die Heilsarmee in Hamburg für Notleidende da und macht das beste aus der Situation – so wie sie es immer getan hat.

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