Heilsarmee und Hund Pepe spenden Flutopfern Hoffnung
Wie eine Familie die Flutkatastrophe vom 14. Juli erlebt
Bereits kurz nach dem Hochwasser vom 14. Juli richtete die Heilsarmee ein Spendenkonto ein, um den Flutopfern schnelle Unterstützung anbieten zu können. Seitdem steht sie mit mehreren betroffenen Familien in engem Kontakt und leistet dank zahlreicher Spenden unbürokratische Hilfe. Beim Besuch einer der unterstützten Familien in Rheinbach erzählten Nina und Björn, wie es ihnen und ihren zwei Kindern seither ergangen ist. Während des Gesprächs sitzt ein kleiner Welpe auf Björns Schoß und knappert an dem Reißverschluss seiner Jacke. "Das ist Pepe", erklärt Björn. In all dem Chaos und dem Verlust der vergangenen Monate war das neue Familienmitglied ein Trost und eine Ablenkung für die Kinder.
„Was ist hier passiert? Überall lagen die Autos links und rechts. Ich dachte nur, Ich muss weiter, weiter, wie sieht es in meinem Haus aus?“ Björn ist am Donnerstagmorgen, dem 15. Juli, zu Fuß unterwegs durch die Straßen seiner Heimat, denn mit einem Auto ist kein Durchkommen. Die Straßen sind Schlammfelder und viele Autos wurden in Vorgärten gespült. Vor 24 Stunden war Björn noch mit seiner Familie im Sommerurlaub auf Mallorca. Am 14. Juli erreichten ihn plötzlich Nachrichten seiner Nachbarn mit Bildern und Videos. „Ich sah auf meinem Handy, wie sich die Straße in einen reißenden Fluss verwandelte.“ Sofort buchte er einen Rückflug.
Als Björn endlich zu Hause ist, weiß er gar nicht, wo er anfangen soll. „Die Kühltruhe versperrte den Weg in den Keller. Die musste ich erstmal wegschieben“, erklärt er. Und dabei hatte Björn noch Glück im Unglück. Der Keller war zwar komplett vollgelaufen, doch die Fluten hatten das Erdgeschoss gerade so nicht erreicht. Dennoch sind die Schadensausmaße enorm. Heute noch schüttelt Björn fassungslos den Kopf: „Welche Kräfte müssen hier gewirkt haben?“ Der sonst höchstens 50 cm tiefe Gräbbach in der Nähe stieg auf 3,50 Meter an. Allein in Björns Straße gibt es drei Todesfälle zu beklagen und im Kreis Rheinbach verloren insgesamt neun Menschen ihr Leben.
Verlust in der Flut
Insgesamt sei ein finanzieller Schaden von etwa 30.000 € entstanden, schätzt Björn. Doch dieser Betrag ist nur deshalb nicht höher, weil er und seine Frau Nina viel selbst renoviert haben. Neben Dingen, die durch Geld ersetzt werden können, wie ein Staubsauger, Skiausrüstung, Heizung, Kleidung und Werkzeug, verlor die vierköpfige Familie auch viele Gegenstände von emotionalem Wert. So gingen viele Kinderfotos und Sankt-Martin-Laternen unter. Nina ergänzt: „Auch meinen Hochzeitschleier haben wir im Keller aufbewahrt. Ich habe mir schon vorgestellt, dass meine Kinder irgendwann ebenfalls mit dem Schleier heiraten. Das geht jetzt nicht mehr. Jetzt erzählt der Schleier eine andere Geschichte.“ Beide sind selbstständig und arbeiten von zu Hause. In den letzten drei Monaten mussten sie dadurch viele Einschränkungen hinnehmen. „Natürlich konnten wir ohne Strom und ohne Internet keine Aufträge mehr annehmen, also fiel auch unser Verdienst aus“, erklärt Björn, der Berufsbetreuer ist. Außerdem wurden etwa 300 Ordner mit Akten, die unter einer zehnjährigen Aufbewahrungspflicht standen, in der Flut zerstört; ebenfalls ein starker, beruflicher Dämpfer in dieser schwierigen Zeit.
Die ersten Wochen nach der Flut waren die härtesten. Rückblickend sagt Björn, dass er froh sei, dass seine Familie noch zwei Wochen im Urlaub war. „So mussten die Kinder nicht alles sehen, wenn zum Beispiel jemand draußen auf der Straße vor Verzweiflung zusammengebrochen ist.“ Außerdem dauerte es einen Monat, bis die Stromversorgung wieder vollständig funktionierte. Zusammen mit Berichten von Einbrüchen in der Nachbarschaft war dies der Grund für viele unruhige Nächte. „Es war jede Nacht stockdunkel, kein Licht, keine Straßenlaternen. Man hört jedes Knacken und man wird echt hellhörig“, beschreibt Björn die Situation. Nicht nur psychische, sondern auch körperliche Folgen traten bei Björn auf. Die Ausdünstungen des Schlamms führten bei ihm und vielen anderen Betroffenen zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. „Ich habe die ersten Tage nur ein bisschen Toast und Wasser runter bekommen“, erklärt Björn.
Hilfe in der Not
Einige Freunde und Familienmitglieder unterstützen die Familie. Außerdem kamen Studenten aus Rheinbach, die ihre Hilfe anboten, sowie die Bundeswehr. Nachhaltig beeindruckt hat Björn die intensivere Beziehung mit seinen Nachbarn. Hilfe und Beistand waren deutlich spürbar in der Nachbarschaft: „Das war schon echt klasse.“
Seit einer Woche ist nun auch die Heizung wieder voll funktionsfähig. Da die meisten Haushalte eine neue Heizung brauchten, stand die Familie sehr lang auf der Warteliste. Als Björn durch einen Bekannten von dem Hilfsangebot der Heilsarmee erfuhr, stellte er einen Antrag für finanzielle Hilfe. Major Michael Schröder aus dem Hauptquartier der Heilsarmee in Köln besuchte nach Eingang der Anfrage die Familie in Rheinbach. Nachdem er sich mit ihnen unterhalten hatte und die Situation der Familie sah, sicherte er ihnen umgehend Beistand und Hilfe zu. Dank der zahlreichen Spenden an die Heilsarmee konnte seiner Familie bei der Finanzierung der neuen Heizung geholfen werden. Björn und seine Familie sind dankbar für die Hilfe: „Das war auf jeden Fall eine Erleichterung, als wir die Zusage bekommen haben.“
Mittlerweile ist der Keller fast fertig renoviert. Die letzten Wände müssen noch neu verputzt werden, der Alltag spielt sich langsam wieder ein und das Gefühl von absolutem Chaos legt sich ebenfalls. Besondere Erinnerungsstücke wandern nicht mehr in den Keller. So wie die Heilsarmee einen Beitrag für die neue Heizung leisten konnte, bereichert der Welpe Pepe die Familie mit seiner verspielten und tapsigen Art. Die beiden Kinder haben in ihrem jungen Alter schon Verlust und Angst erlebt, doch wenn sie mit Pepe spielen und sich um ihn kümmern können, freuen sie sich sehr. Pepe schenkt ihnen neue Zuversicht und hilft ihnen, die vergangenen Erlebnisse zu verarbeiten.