Korps Solingen – Seit 120 Jahren für Menschen da sein
Korps Solingen feiert 120. Jubiläum und blickt auf viele Herausforderungen und eine tolle Gemeinschaft zurück
Eine lange Schlange unterschiedlicher Menschen reiht sich vor einem Gebäude in der Florastraße in Solingen auf. Es ist Samstag und über der Tür des Gebäudes steht in großen Buchstaben „Heilsarmee“. Jeder dieser Menschen, die sich an diesem und an jedem anderen Wochenende vor diese Tür stellen, haben nicht viele Alternativen. Hier bekommen sie alle eine große weiße Tüte mit Lebensmitteln für eine warme Mahlzeit, Obst und Mundschutz-Masken. Auch einige Kinder stehen in der Reihe, um für ihre Familien zu Hause das dringend benötigte Essen zu beschaffen. Als eine zunächst unbeteiligte Frau vorbeigeht, und die vielen Menschen sieht, die Hilfe in Anspruch nehmen müssen, ist sie tief bewegt. Sie erinnert sich an ihre Kindheit, die sie selbst in der Heilsarmee in Solingen verbracht hat. Sie möchte diese wichtige Arbeit unterstützen und spendet kurz darauf 2.000 Euro für die Suppenküche. Kapitän und Korpsleiter Oliver Walz schließt seine Erzählung mit den Worten: „Wir sind immer wieder erstaunt, was es für die Menschen bedeutet, was wir hier machen.“
Wie alles begann: von der Gründung und der Suppenküche
Seit 120 Jahren wirkt nun schon die Heilsarmee in der Stadt Solingen und diese Szene beschreibt sehr gut, warum ihre Arbeit dort so wichtig ist. Sie begann am 3. Mai 1901 in der Florastraße 86. In „der alten Henckels Villa“, wie die Holzbaracke damals genannt wurde, gründete Kapitän Prange das erste Korps in Solingen. 1906 zog die Gemeinde in ein eigenes Gebäude um, welches allerdings am 5. November 1944 bei einem Bombenangriff vollständig zerstört wurde. Trotz der schwierigen räumlichen Situation in den folgenden Jahren, ließ sich das Korps Solingen nicht unterkriegen und zog schließlich 1959 in den Neubau in der Florastraße 9-11 ein.
Dort wurde dann auch 1995 die Suppenküche eröffnet, die bis zum März 2020 wöchentlich eine warme Mahlzeit für Bedürftige zubereitete. Bis zu den Einschränkungen durch Corona kamen etwa 50 Besucher regelmäßig in die Suppenküche, um das warme Essen und auch die Gemeinschaft zu genießen. Doch als die Suppenküche nicht mehr öffnen durfte, fuhr die Heilsarmee in Solingen neue Geschütze auf. Es wurden fleißig Brötchen geschmiert und zu den Bedürftigen nach Hause gebracht. Die Korpsleiter Christiane und Oliver Walz begannen mit 40 Tüten pro Woche. Aus 40 Tüten wurden 120 und aus geschmierten Brötchen wurden Zutaten für komplette Mahlzeiten. Immer noch fahren sie freitags zu denen, die nicht im Stande sind, sich lange an eine Schlange vor dem Korpsgebäude zu stellen. 4.300 Tüten wurden nun schon innerhalb eines Jahres an die Menschen in Solingen verteilt. Christiane und Oliver Walz spüren vor allem Dankbarkeit, wenn sie an diese hohe Zahl denken. „Wir sind einfach dankbar, dass wir die Möglichkeit haben, das zu machen und für die Unterstützung von so vielen verschiedenen Seiten“, erklärt die Kapitänin.
„In der Pandemiezeit kristallisiert sich heraus, was uns wichtig ist. Bei uns ist das Gemeinschaft.“
Hinter den beiden engagierten Korpsleitern steht zudem eine Gemeinde aus etwa 40 Mitgliedern, die ebenfalls mit Kreativität und Tatkraft durch die Corona-Krise gehen. Schon immer habe das gegenseitige Unterstützen und die feste familiäre Verbundenheit die Gemeinde geprägt, so Christiane Walz. Daher gehen die Gemeindemitglieder auch jetzt nicht jeder ihren eigenen Weg, sondern überlegen gemeinsam, wie sie weiterhin zusammenkommen, von Gott hören und weitergeben können. So wurden kurzerhand digitale Gottesdienste ausgerichtet, bei denen auch der persönliche Austausch im Vordergrund steht. Zudem gibt es in der Woche eine regelmäßige gemeinsame Gebetszeit. Auch die Kinder kommen nicht zu kurz und dürfen sich jeden Mittwoch auf ein digitales McTurtle Programm mit Basteln, Rätseln, Geschichten und aktiven Spielen freuen. Die Gruppe junger Familien, die im vergangenen September mit dem Programm Babysong startete, teilen viele Lieder und Bilder über ihre WhatsApp-Gruppe. Die Musik gehört schon lange zum Korps dazu. 1903 wurde die erste Musikkapelle ins Leben gerufen. Zurzeit treffen sich die Musiker ebenfalls digital. Zwar müssen sie auf das gemeinsame Musizieren verzichten, doch spannende Gastmusiker berichten in den Treffen von ihren eigenen Erlebnissen und spannenden Herausforderungen. Bei all diesen Aktionen steht die Gemeinschaft im Vordergrund. Oliver Walz sagt dazu: „In der Pandemiezeit kristallisiert sich heraus, was uns wichtig ist. Bei uns ist das Gemeinschaft. Gemeinschaft digital zu leben ist zwar ein kleines Hindernis, aber kein Grund sich nicht zu treffen.“
Die Kapitäne blicken in diesem Jahr auf eine große Aktion zurück. Der Ostergarten ist schon lange ein gesetzter Bestandteil in der Heilsarmee in Solingen, doch dieses Jahr wurde er von der Herausforderung der Corona-Auflagen begleitet. Christiane und Oliver Walz fingen wieder einige Wochen vor Ostern mit der Planung der einzelnen Räume an, in denen Besucher den Weg Jesu nachempfinden können. Durch die liebevoll gestalteten Räume, die zum Beispiel den Einzug Jesu in Jerusalem oder das leere Grab am dritten Tag seiner Kreuzigung darstellen, wird die Geschichte von Jesus auf vielen verschiedenen Ebenen erlebbar. Durch Anmeldungen und Führungen in sehr kleinen Gruppen, hatte der Ostergarten nicht so viel Kapazitäten wie sonst, dennoch konnten insgesamt über 200 Besucher den Ostergarten auf sich wirken lassen. Auch die Kinder wurden von Tod und Auferstehen Jesu bewegt. Ein etwa fünf jähriger Junge war von Jesus so begeistert, dass er es gar nicht erwarten konnte, ihn selbst zu sehen. Das Fazit von Christiane Walz zum Ostergarten lässt sich vermutlich auf die ganze Gemeinde der Heilsarmee in Solingen beziehen, die so viel Zeit in Gemeinschaft steckt und jede Woche über 100 Haushalte mit Essen versorgen kann: „Also mega!“