135 Jahre Heilsarmee in Kiel

„Zu kaum einer anderen Zeit wurden die helfenden Hände der Heilsarmee mehr gebraucht als jetzt.“

Seit 1886 ist die Heilsarmee für die Menschen in Deutschland aktiv und schon zwei Jahre später eröffnete Kapitän Carl Treite das Heilsarmee-Korps in Kiel am 4. Mai 1888. 135 Jahre bewegende Geschichte liegen mittlerweile hinter der Heilsarmee in Kiel, voller Herausforderungen und immer mit dem Willen, Menschen in Not zu helfen.

Anfeindungen nach Korps-Gründung

Kiel war der erste Heilsarmee-Standort im norddeutschen Raum und der erste Korpsleiter Carl Treite und die Mitglieder hatten von Anfang an mit dem Widerstand der Behörden zu kämpfen. So gab es beispielsweise Schwierigkeiten für Carl Treite, in Deutschland anerkannt zu werden, obwohl er gebürtiger Deutscher war. So berichtete er: „Weil ich sieben Jahre im Ausland gelebt hatte, sollte mir in meinem deutschen Vaterland keine Aufenthaltsgenehmigung gewährt werden. Beim Kieler Polizeirat machte man mir keine Hoffnung, dass die Sache überhaupt erlaubt werden würde. Umso herzlicher war der Empfang von Seiten der Gläubigen.“

Louise und Carl Treite

Nach der Eröffnungsfeier des Korps freuten sich viele Menschen über die Ankunft der Heilsarmee in Kiel, und die Gottesdienste fanden großen Anklang. Doch einige Menschen wollten der Heilsarmee schaden, oder suchten ein Ventil für aufgestauten Frust und Ängste. Die Heilsarmee in Kiel wurde in den ersten Jahren Opfer von Vandalismus und Gewalt. Carl Treite erzählte von einem besonders schlimmen Ereignis während eines Gottesdienstes: „Ein andermal flogen große Steine durch die Fenster und trafen einige Versammelte. Die Zerstörung ging eine Stunde lang, ohne dass die Polizei eingriff. Die Störenfriede wurden sogar von einigen Polizisten begünstigt. Unsere Beschwerden beim Bürgermeister und beim Polizeirat verhallten ungehört. Man hatte nichts für die Heilsarmee übrig und wollte sie von Kiel weghaben.“

Trotz dieser Anfechtung ließ sich die Heilsarmee nicht von ihrem Glauben und ihrem Dienst an den Menschen abbringen. Auch die nachfolgende Korps-Leiterin ab 1893 Leutnantin Ade wurde körperlich angegriffen. Sie erzählte in einem Rückblick: „Nicht selten war meine Hand sehr geschwollen von den vielen Schlägen, die ich bekam, wenn ich die Tür zuhielt, um die Störenfriede nicht in den Saal zu lassen.“ Dennoch konnte die Heilsarmee in Kiel ein Segen für die Menschen sein. Brigadierin Schaufelberger berichtete: „Es ging tagaus tagein vom Keller bis unter das Dach, zu arm und reich. Da fanden wir die Armen, die Alten, die Einsamen, die Kranken, die Unglücklichen, die Trinker und Gottlosen; wir waren mit ihnen in Fühlung, konnten ihnen helfen oder wenigstens raten, sie trösten, mit ihnen beten und wo es nötig war, die Ärmel aufkrempeln und Hand anlegen.“ Vor allem im Winter konnte das Team der Heilsarmee in Kiel vielen armen Menschen mit Lebensmittel und Mahlzeiten helfen.

Gelebte Nächstenliebe während der Weltkriege

Der erste Weltkrieg brachte viel Not nach Kiel und die Heilsarmee betreute viele Waisenkinder und versorgte die Hinterbliebenen der Soldaten mit Essen. Nach dem Krieg wurden ab 1919 Versammlungen im Freien gesetzlich verankert, wovon die Heilsarmee auch Gebrauch machte, erstmals ohne von der Polizei eingeschränkt oder abgehalten zu werden.

Diese neu gewonnene Freiheit für die Arbeit der Heilsarmee in Kiel wurde unter Hitlers Regierung wieder eingeschränkt: alle Finanzen der Heilsarmee wurden kontrolliert und finanzielle Unterstützung aus dem Ausland untersagt. Die Heilsarmeegebäude wurden dem Staat übereignet und jegliche Arbeit der Heilsarmee musste vor der Gestapo gerechtfertigt werden. Heilsarmee-Offizieren Ilse Hille leitete ab 1943 das Korps Kiel und sie berichtete: „Es war jedes Mal sehr aufregend, wenn ich wieder eine Vorladung zur Gestapo erhielt und nicht wusste, welche Anklage gegen mich erhoben worden war. Als ich dann erst einmal den Beamten gegenübersaß, wurde ich ruhig. Die Worte Christi kamen mir in den Sinn, wonach nicht wir es sind, die da reden, sondern Gottes Geist in uns.“ Ihr wurde unter anderem mit Gefängnis gedroht, wenn sie weiterhin christliche Literatur verteilt. Doch auch diese Gefahr hielt die Heilsarmee in Kiel nicht davon ab, eine große Unterstützung für die Menschen während der Bombenangriffe 1944 zu sein, als auch der Heilsarmee-Saal unbenutzbar wurde. „Zu kaum einer anderen Zeit wurden die helfenden Hände der Heilsarmee mehr gebraucht als jetzt“, sagte Ilse Hille später.

Eine schöne Geschichte zeigt, wie sich der Kreis der Nächstenliebe schließen kann. Eines Tages nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, kamen zwei polnische Soldaten an die Tür der Heilsarmee in Kiel. Sie erzählten, wie sie Gefangene der Deutschen in Norwegen gewesen waren und wie eine Heilsarmeefamilie dort die Gefangenen heimlich mit Essen versorgt habe. Sie schlossen mit den Worten: „Wir jetzt dir helfen. Was du brauchen?“

In der Nachkriegszeit gab es für die Heilsarmee in Kiel nicht weniger zu tun. Motiviert und ausgestattet durch und von Jesus unterstützten die Mitglieder viele Flüchtlinge aus dem Osten.

Heilsarmee Kiel heute


Auch heute noch, 135 Jahre nach der Gründung, möchte die Heilsarmee unter der Leitung von den Heilsarmee-Offizieren Ilze und Raimonds Maliks für die Menschen in Kiel da sein und auch heute noch müssen Herausforderungen überwunden werden. Beispielsweise fehlen zur Zeit eigene Räumlichkeiten, die das Ausüben von Angeboten erschweren. Dennoch ist Major Raimonds Maliks dankbar: „Wir als Heilsarmee in Kiel sind sehr dankbar für die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit den verschiedenen Einrichtungen und Gemeinden in der Stadt. Nach dieser langen Geschichte der Heilsarmee in Kiel, wissen wir heute, dass wir akzeptiert sind und unseren Beitrag für die Menschen in Kiel leisten können. Unsere Vorgänger der Heilsarmee hier in Kiel haben mit viel Herz und Einsatz dafür gearbeitet, obwohl es nicht immer leicht war. Dafür ein großes Dankeschön."

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