Köln: „Ist noch Käse da?“

Sozialfrühstück bei der Heilsarmee

30.10.2013 – Für Menschen, die obdachlos sind und auf der Straße leben zählt meist: „Hauptsache überhaupt etwas zu essen haben.“ Beim Sozialfrühstück der Kölner Heilsarmee-Gemeinde bekommen sie nicht nur ausreichend, sondern auch Gesundes zu Essen.

Wenn Margaretha Hesse dienstags Frühstück macht, schmiert sie mindestens 150 Brotscheiben. Die 64-Jährige belegt sie mit Wurst und Käse, schneidet sie in der Mitte durch und schichtet sie auf große Tabletts. Ihr 61-jähriger Mann Siegfried kocht derweil literweise Kaffee. Es ist 5.30 Uhr. Während Köln langsam aus der Nacht erwacht, sind die beiden zusammen mit ihrer Kollegin Kollegin Sevim Beceren schon kräftig bei der Arbeit. Jede Woche bereitet das Dreier-Team in der Kölner Heilsarmee-Gemeinde am Salierring das Sozialfrühstück vor. Obdachlose und bedürftige Menschen erhalten dann kostenlos eine gesunde Mahlzeit. „Es macht uns einfach Freude, anderen zu helfen“, antwortet Margaretha Hesse auf die Frage, warum sie dies tue.

Reingeschnuppert und hängengeblieben

Meggi und Siggi Hesse, so werden sie kurz genannt, arbeiten ehrenamtlich beim Sozialfrühstück mit. Mitglieder der Heilsarmee-Gemeinde sind sie seit mehreren Jahren. Als das Paar nach Köln gezogen war, besuchten sie dort einen Gottesdienst. „Ich hatte viel Mist über die Heilsarmee gehört“, erzählt Siggi Hesse. „Da wollte ich mir das Ganze mal anschauen und eine eigene Meinung bilden.“ Und? Die Heilsarmee helfe wirklich den Menschen, sagt er: „Wenn sie das nicht machen würde, gäbe es noch viel mehr Übel.“ Seine Frau Meggi wirft ein: „Und eine Sekte ist das nicht!“ In der Gemeinde ist Meggi Hesse seit Langem schon Küchenteammanagerin. Sie kümmert sich unter anderem um das Kirchencafé am Sonntag und seit acht Jahren mit ihrem Mann um das Sozialfrühstück.

Gesundes Tafel-Obst

Bereits am Vorabend werden die Tische fürs Frühstück im Gemeindesaal aufgestellt und gedeckt. Tassen, Teller, Plastikstäbchen zum Umrühren, Zucker und Milch. Auf jedem Teller liegt diesmal eine Tüte mit dreierlei Obst – Banane, Apfel oder eine große Pflaume. Das restliche Obst sowie Gemüse und Konserven stehen in grünen Stiegen vor der Bühne, wo sonntags der Gemeindechor singt und der Pastor predigt. Die Sachen kommen von der Kölner Tafel, die jeden Montag auch die Heilsarmee mit Lebensmitteln beliefert, die in Supermärkten nicht mehr verkauft werden. Doch weil kleinere Druckstellen die Äpfel nicht weniger gesund machen, sammelt die Kölner Tafel die Lebensmittel ein und verteilt sie an soziale Einrichtungen in der Stadt. Hier werden sie kostenlos an bedürftige Menschen ausgegeben.

Dankgebet für jeden Gast

9.15 Uhr: Matthias Lindner, der Pastor der Gemeinde, kommt hinzu. Auch er ist jeden Dienstag beim Frühstück mit dabei und hilft. Pünktlich um halb zehn strömen die Gäste zügig in den Saal. Manche steuern Stammplätze an; andere winken mit der Hand ihre Bekannten zu freien Stühlen neben sich. Dann wird es ruhig. Jeder weiß, dass Pastor Lindner zuerst eine kurze Andacht hält und betet. Nach dem „Amen“ wird das Obst von den Tellern in Taschen gepackt oder gleich gegessen.

Stets zu Diensten

Jetzt muss alles zügig gehen. Meggi Hesse greift sich ein Tablett mit den geschmierten Broten, eine Zange und geht durch die Reihen. „Was möchten Sie?“, fragt sie jeden Gast. Wie im Restaurant. Jetzt hat auch der Pastor keine Zeit mehr zum Reden. Er greift sich ein Brottablett und teilt ebenfalls aus. Siggi Hesse schenkt derweil reihum Kaffee aus. Manchem Besucher dauert das zu lange. Ungeduldig winkt jemand vom anderen Ende des Raumes nach Kaffee.
Die Gäste beim Sozialfrühstück kommen aus unterschiedlichen Lebenslagen. Da ist der obdachlose Mann Mitte 40 oder die ältere Frau, deren Rente kaum zum Leben reicht. Da sind Asylbewerber oder Menschen, die einst sehr bedürftig waren und jetzt wegen der Gemeinschaft noch gern vorbeikommen. „Die meisten Gäste sind freundlich und schätzen es, auch freundlich behandelt zu werden“, sagt Matthias Lindner. Denn Armut könne die Würde eines Menschen verletzen. Da sollten sie nicht noch von oben herab behandelt werden. „Wir wollen ihnen dienen, denn schließlich hat auch Jesus Christus den Menschen gedient.“

Großzügige Portionen und ausgewogene Ernährung

„Ist noch Käse da?“, fragt eine Frau, als Meggi Hesse ein zweites Mal mit dem Brottablett durch die Reihen geht. Käse und Obst sind sehr begehrt, weil viele Gäste sich eine ausgewogene Ernährung nicht leisten können. Pastor Matthias Lindner weiß, dass gerade obdachlose Menschen wenig vitaminreiches Essen haben. „Wer am Tag nur einen Euro hat, kauft sich lieber einen Hamburger. Der macht satt, ist aber nicht wirklich gesund“, sagt er. Daher verteilt die Heilsarmee regelmäßig auch Joghurt oder Käse in Lebensmitteltüten.

11.30 Uhr: Langsam lehrt sich der Gemeindesaal. Etwa 80 Gäste haben gefrühstückt und Lebensmittel von der Kölner Tafel mitgenommen. Siggi und Meggi Hesse sammeln schmutziges Geschirr ein, räumen Essensreste weg und wischen verschütteten Kaffee auf. Jetzt sieht man ihnen die Müdigkeit vom frühen Aufstehen an. Lautes Lachen schallt von einem der Tische. Letzte Gäste sitzen noch mit Matthias Lindner zusammen. Jetzt hat der Pastor mehr Zeit. Er hört zu, gibt Rat oder sie reden einfach so – über Gott und die Welt.

Text und Bilder: Romy Schneider ist Redakteurin bei der Heilsarmee.

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