Ich möchte mich herzlich bei Ihnen bedanken
Der Suchdienst ist zwar ein kleinerer Bereich unserer Arbeit, doch er verändert jedes Jahr das Leben vieler Menschen. Aus ganz verschiedenen Gründen verlieren manche ihre Verwandten aus den Augen. Ob ein Eltern- oder Großelternteil, Geschwister oder Kinder, ein verlorener Kontakt, vor allem über Landesgrenzen hinweg, ist ohne Hilfe schwer wieder herzustellen. Der Suchdienst der Heilsarmee hilft durch Erfahrung und gute Netzwerke ins Ausland, Menschen wieder zusammenzuführen.
Vor einigen Tagen erhielt das Suchdienstbüro eine E-Mail mit folgenden Worten:
„Ich möchte mich nochmals herzlich bei Ihnen für die Unterstützung bei der Suche nach meinem Vater bedanken. Ich weiß Ihre Arbeit sehr zu schätzen und freue mich das wir Randolf M.* gemeinsam finden konnten.“
Was hier in zwei Sätzen angesprochen wird, schildert eine lange Suche, die am 5. Februar 2021 begann. Damals erhielten wir vom Sohn eines Gesuchten einen Suchantrag. Er wollte gerne mehr über die Herkunft seines Vaters, Randolph M.*, erfahren, den er noch nie persönlich getroffen hatte und wollte auch gerne seine Geschwister kennenlernen. Er wusste, dass sein Vater noch einen weiteren Sohn in Deutschland hatte. Diesen hatte er vor sieben Jahren ausfindig gemacht und mit ihm Kontakt aufgenommen.
Der Vater wurde 1942 wahrscheinlich auf Jamaica geboren, war nach Kenntnis unseres Auftraggebers mit einer Frau in Liverpool verheiratet, mit der er vier Kinder hatte und lebte wahrscheinlich bis 1995 in Deutschland. Danach war er dann in die USA zurückgekehrt. Es gab zwei bekannte Adressen, eine in Deutschland und eine in Chicago, mit denen das Suchdienstbüro arbeiten konnte.
Außerdem lagen uns verschiedene offizielle Dokumente vor, die den Gesuchten betrafen. Aus diesen Dokumenten ging auch hervor, dass es bereits im Oktober 2007 eine Suchanfrage an die Heilsarmee gegeben hatte. Damals war die Anfrage an den Suchdienst der Heilsarmee in den USA weitergereicht worden, die Suche musste aber erfolglos eingestellt werden. Nun wurde also - 17 Jahre später - die Suche noch einmal aufgenommen.
Durch umfangreiche Internetrecherchen waren div. Telefonnummern und Adressen von Personen in den USA gefunden worden, die Übereinstimmungen mit dem Vater Randolph M.* zeigten. Eine der Telefonnummern führte zu einer Seniorenwohnanlage. Der Kontakt zum Suchdienst der Heilsarmee im Osten der Vereinigten Staaten wurde wieder hergestellt und das dortige Büro um Hilfe gebeten. Aber auch den Kollegen in den USA gelang es nicht, einen Kontakt zum Vater von Kenneth R.* herzustellen. Zwischenzeitlich versuchten wir vom deutschen Suchdienstbüro immer wieder, Randolph M.* telefonisch zu erreichen. Mehrfach wurden die Anrufe auch entgegengenommen, aber immer wieder, wenn wir uns mit dem Hinweis „Internationaler Suchdienst der Heilsarmee“ meldeten, wurde am anderen Ende der Leitung aufgelegt. Während dieser ganzen Zeit blieben wir im Kontakt mit Kenneth R.*, der unbedingt seinen Vater kennenlernen wollte.
Im April dieses Jahres telefonierten wir noch einmal alle Telefonnummern durch, die uns im Zusammenhang mit dieser Suche vorlagen und zum ersten Mal meldete sich bei einem der Anrufe jemand am anderen Ende der Leitung, die Stimme eines alten Mannes. Allerdings wurde das Gespräch auch dieses Mal wieder abgebrochen, als wir auf unseren Suchauftrag zu sprechen kamen. Wenige Wochen später entschloss sich Kenneth Ende Juni in die Vereinigten Staaten zu reisen, um an der gefundenen Adresse seinen Vater selbst zu suchen. Wir gaben ihm noch zwei Kontaktadressen der Heilsarmee in der betreffenden Stadt für den Fall, dass er vor Ort Unterstützung bräuchte.
Am 3. Juli erhielten wir im Suchdienstbüro eine E-Mail mit folgendem Inhalt: “Ich möchte Ihnen gerne mitteilen, dass ich meinen Vater letzte Woche an meinem Geburtstag ausfindig gemacht habe. Wir treffen uns seitdem täglich und lernen uns besser kennen.„
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland beschrieb uns Kenneth R. * noch einmal im Rückblick die Begegnung mit seinem Vater, dem er nach 34 Jahren zum ersten Mal begegnet war: „Ich war sehr aufgeregt und gleichzeitig abgeklärt. In meinem Kopf habe ich vorab alle möglichen Szenarien durchgespielt, aber nicht damit gerechnet, dass es letztendlich so einfach werden könnte. Ich habe mit Ablehnung gerechnet und wurde mit offenen Armen empfangen. Wir hatten von Beginn an eine unbekannte Verbindung und konnten uns gut austauschen. Viele meiner Fragen sind nun beantwortet und ich konnte meine Suche abschließen. Jetzt beginnt eine neue Phase des Kennenlernens, auf die ich mich freue.“
Viele Suchaufträge nehmen lange Zeit in Anspruch, manche erledigen sich innerhalb weniger Tage, aber es ist immer wieder etwas Besonderes, wenn wir von solchen Begegnungen hören dürfen.
Major Reinhold Walz lebt mit seiner Frau im Burgenlandkreis im Ruhestand und leitet seit 2018 den Suchdienst der Heilsarmee.
* Die Namen sind der Redaktion bekannt und wurden aus Datenschutzrechtlichen Gründen geändert.