Willkommensansprache von Oberst Hervé Cachelin
Gelsenkirchen, 1. September 2019
Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert, über die Hoffnung, die in euch ist.
(1. Petrus 3:15)
1. Meine Hoffnung
Die Hoffnung, die ich habe, ist dass ich in diesem Leben und im Leben nach dem Tod vor Gott treten darf und jederzeit Gemeinschaft haben darf.
Wenn in diesem Satz das Wort „Hoffnung“ verwendet wird, dann ist es nicht im Sinne wie man etwa sagt, „Ich hoffe, dass morgen die Sonne scheint.“ Meine Hoffnung, vor Gott treten zu dürfen, meine Hoffnung auf ein ewiges Leben, ist deshalb besser ausgedrückt als „feste Gewissheit“, aber woher kommt diese Gewissheit?
„Wer darf auf des Herrn Berg gehen, und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte? Wer unschuldige Hände hat und reinen Herzens ist,“ heißt es im Psalm 24.
Das hat Jesus in der Bergpredigt bekräftigt: „Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen“ (Mt. 5,8)
Kann ich behaupten, dass ich ein reines Herz habe? Nein. Das würde mir kein Mensch glauben. Und auch wenn ich Menschen davon überzeugen könnte, mein eigenes Herz kann ich nicht davon überzeugen, dass es frei von egoistischen, lieblosen, und unreinen Gedanken und Trieben ist.
2. Wer kann vor Gott mit reinem Herzen treten?
Und wenn nicht einmal ich daran glaube, dass ich ein reines Herz habe, wie kann ich hoffen, je vor Gott mit einem reinen Herzen zu treten?
Diese Frage oder ähnliche Frage muss sich jeder stellen, der an Gott glaubt, oder zumindest nicht bewiesen hat, dass es keinen Gott gibt, also jeder Mensch.
Die einen sagen: ich versuche, Gutes zu tun, damit das Gute das Böse überwiegt. Es gab eine Zeit, in der ich auch so dachte, und ich muss zugeben, dass ich zwischendurch mal wieder in dieser Einstellung verfalle, obwohl sie überhaupt keinen Sinn macht. Kein unsauberes Gefäß wird rein, indem man es mit sauberen Dingen füllt.
Andere sagen sich: Gott wird es nicht so genau nehmen, denn sonst wird er die Ewigkeit allein verbringen müssen. Aber dieses „Nicht so genau nehmen“, ist wie wenn der Chirurg es mit dem Händewaschen vor der Operation oder mit den sterilen Kleidern nicht so genau nehmen würde.
Wenn sich Gottes neue Welt von unserer Gewalt-, Unrecht- und Leidvollen Welt unterscheiden soll, muss genau das geschehen, wie es im Psalm 24 heißt: Nichts und niemand unreines darf diese Welt betreten. Deshalb gab es nur eine Lösung, deshalb konnte es nur eine Lösung geben: „Denn Gott hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.“ (2. Kor 5, 21)
Es ist, wie wenn es die Wissenschaftler schaffen würden, jeden Krankheitserreger zu sammeln, ein Tier damit zu versuchen und das Tier anschließend zu zerstören. So ist Gott mit der Sünde vorgegangen. Als Christus am Kreuz starb, trug er jede Sünde auf sich. Und oft tut es mir weh tut zu denken, wieviel ich zum Leiden Christi beigetragen habe.
Aber weil Jesus für mich gestorben ist, sieht Gott, wenn er mich ansieht, nicht einen sündigen Menschen mit einem unreinen Herzen, sondern den Menschen, den Jesus aus mir macht. Ich sage bewusst in der Gegenwart, „den er macht“, denn ich verfalle immer wieder in alte und schädliche Denkmuster, bei denen ich wieder versuche, aus eigener Kraft Gott zu gefallen.
3. Sie haben also keinen vollkommenen Territorialleiter vor sich,
… sondern einen, der Fehler begangen hat und Fehler begehen wird. (Ich sehe die Enttäuschung auf Ihren Gesichtern). Dass ich nicht vollkommen bin, sage ich nicht leichtfertig. Ich habe Gott versprochen, ihm mein Bestes zu geben, als ich Offizier wurde. Dies schließt den Auftrag mit ein, dieses Territorium so gut wie nur möglich zu leiten. Ich von Herzen dankbar, dass ich diesen Auftrag Hand in Hand mit Debbie erfüllen kann. Ich liebe sie ganz fest und sie liebt mich, und mit ihr zusammen bin ich bereit, jede Herausforderung anzunehmen.
Eines meiner Lieblingsverse ist Epheser 2,10: „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.“
Wenn diese guten Werke geschehen sollen, brauche ich eure Gebete – wie freue ich mich, wenn jemand sagt: „ich bete regelmäßig für dich“.
Beim Gedanken, dass Gott die Pläne zuvor bereitet hat, könnte uns die Angst befallen: Dann sind es vollkommene Pläne, und wir sind doch so unvollkommene Menschen, und nicht mehr so zahlreich wie früher.
Keine Sorge: Gott hat die Pläne im vollen Bewusstsein geschmiedet, wer die Arbeiter sein würden. Wir müssen nur alle am gleichen Strick und in die gleiche Richtung ziehen.
Wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass es nicht meine Vorstellung von Leitung ist, dass der Leiter von einer sicheren Warte aus Befehle gibt, die ausgeführt werden sollen. Der TC ist nicht der Coach der Mannschaft, sondern der Kapitän. Er muss mit dem Beispiel vorangehen. Alle heißt alle.
4. Wie in einer Mannschaft
In einem beliebten Mannschaftssport in Deutschland gibt es in einer Mannschaft 11 Spieler und 11,000 Zuschauer, die alle besser wissen, wie diese 11 spielen sollten. Kein Mannschaftskapitän kann sich leisten, auf alle hören zu versuchen. Ich auch nicht. Wenn ich den Eindruck habe, dass einer, der nicht mitzieht, Ratschläge geben will, so höre ich sie wohl, aber ich fühle mich nicht verpflichtet, sie zu befolgen.
Im Kern unseres Teams sind Abteilungsleiter und Assistenten. Ich bin dankbar um sie, und sie werden bezeugen, dass ich zwischendurch bereit bin, ihrem Urteil mehr als dem eigenen zu vertrauen. Wir versuchen aber auch, mehr Salutisten aus der Basis mit in die Beratung einzubeziehen, damit unsere Beratungsgrundlage nicht zu schmal ist.
Es ist nicht immer die Mannschaft, mit den besten, stärksten und erfahrensten Spielern, die gewinnt. Dies muss eine große Ermutigung für uns sein. Oft gewinnt die Mannschaft, die am geschlossensten gekämpft hat, bei der die Spieler eigene Ziele, gut dazustehen, sich nicht zu sehr zu verausgaben, auf Kosten der gemeinsamen Ziele aufgegeben haben. Oft gab es Rückschläge, aber man hat nicht Energie darin verschwendet, den Schuldigen zu suchen. Rückschläge wurden weggesteckt, weil man ein gemeinsames Ziel hatte, und die Mannschaft fühlte: Wir werden gewinnen. Wenn wir darum kämpfen, Gottes Pläne zu erfüllen, ist dies nicht nur ein Gefühl, sondern eine Gewissheit. Darum schrieb der Apostel Paulus: Meine Brüder und Schwestern, ich schätze mich selbst nicht so ein, dass ich’s ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. (Phil 3,13-14)