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Alle gleich lieb?

Nachfolgender Text ist ein Auszug aus der Ausgabe 14/2016 des Heilsarmee-Magazins.

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Hat eine sechsfache Mutter jedes ihrer Kinder gleich lieb? Das Thema für diese Kolumne verlangt gründliche Recherche. Ich starte also eine repräsentative Umfrage unter meinen Kindern: Die aktive Beteiligung an der Befragung liegt bei 83 Prozent. Es hätten 100 Prozent sein können, aber eine willige Zielperson hat noch Probleme mit der verbalen Kommunikation. Meine Frage lautet: „Was glaubst du, welches von euch Kindern ich am liebsten habe?“ Ich hoffe natürlich, dass alle Kinder sich gleich geliebt fühlen.

Allerdings antwortet eine überwältigende Mehrheit der Befragten spontan mit: „Lenya!“ Oha, ein großer Fehler, ein Kind wird bevorzugt! Wirklich? Lenya stellt, als jüngster Spross der Familie, die 17 Prozent der Kinder dar, die noch nicht zur verbalen Kommunikation fähig sind. Ich lächle verstehend, sage: „Nein, sie braucht nur im Moment noch viel Hilfe von mir, aber ich habe sie deshalb nicht am liebsten. Was wäre denn deine zweite Idee?“ Und bekomme nun von den übrigen fünf Kindern folgende Antworten:

60 Prozent glauben, dass ich alle gleich lieb habe, und 40 Prozent antworten mit „mich“. Mit diesem Ergebnis bin ich zufrieden. Es bedeutet, dass jedes Kind sich geliebt fühlt und keines eifersüchtig auf ein anderes ist – nicht einmal auf Lenya, denn die finden schließlich alle süß. Und wirklich: Ich könnte selbst nicht sagen, welches meiner Kinder ich am meisten liebe. Jedes bringt mich ab und zu an den Rand der Verzweiflung; jedes lässt ab und an mein Mutterherz schmelzen. Ich sehe in jedem von ihnen einen besonderen Menschen, der dabei ist, seine ganz eigene Persönlichkeit zu entwickeln.

Die Bibel behauptet, dass Gott alle Menschen liebt. Die „guten“ und die „bösen“. Kann das sein? Liebt Gott uns wirklich alle gleich? Ich kann mir das gut vorstellen. Denn Gott sieht uns, wie wir sind. Er kennt unser Potenzial und will uns helfen, das Positive zu entwickeln. Mein Mann und ich lieben unsere Kinder für das, was sie sind. Aus dieser Liebe ergibt sich das Bemühen, ihnen ein Gespür für die Bedeutung dessen zu vermitteln, was sie tun. Genauso erlebe ich Gottes Liebe zu mir. Zeitweise brauche ich vielleicht mehr Zuwendung und „Erziehung“ als meine „Geschwister“ – aber das ist kein Grund zur Eifersucht. Denn Gott liebt noch unvoreingenommener als ich. Kaum zu glauben, oder?

  

Anni Lindner

 

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