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Gottes Partner

Kapitel 19 aus „Begegnung mit Jesus“

Wie auch immer unsere Einstellung zur Ernte der reifen Früchte sein mag, Gott ist schon dort draußen und bereitet die Felder für die Ernte vor. Ganz gleich, wie der Samen gesät und getränkt wurde, er ist nur durch Gottes Werke gereift und nun bereit für die Ernte. (1. Korinther 3,6-7). Vom Anbeginn der Zeit hat Gott durch seinen Sohn gewirkt. Johannes spricht in seinem Evangelium von einem Licht, das in die Welt kommt und auf die gesamte Menschheit scheint (1,9). In 1. Johannes 1,5 steht geschrieben: „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis“ und Christus selbst sagt, er sei „das Licht der Welt“ (Johannes 8,12). Oder in den Worten von F.B. Meyer: „Das göttliche Licht ist zu allen Zeiten über unserer Welt erstrahlt. Nicht immer war es das Licht der Evangelien wie wir es kennen, doch das Licht war immer da. Dieses Licht strahlte durch die Gegenwart und die Werke des Herrn Jesus Christus.“

Seit der Schöpfung der Menschheit erstrahlt Gott in Christus und sein Licht fällt auf alle Menschen. Er offenbart sich uns auf vielerlei Weise - sein Einfallsreichtum kennt keine Grenzen. Im Brief des ­Paulus an die Römer, 1,20, heißt es: „Gott ist zwar unsichtbar, doch an seinen Werken, der Schöpfung, haben die Menschen seit jeher seine ewige Macht und göttliche Majestät sehen und erfahren können. Sie haben also keine Entschuldigung.“ Er offenbarte und offenbart sich immer noch durch seine Güte, die er über allen Menschen ausschüttet, den Bösen und den Guten, den Frommen und den Gottlosen (Matthäus 5,45); durch die Ahnung der Wahrheit, die wir Gewissen nennen, im instinktiven Wissen um Gut und Böse (Römer 2,14-15) und in neuerer Zeit (seit weniger als 4000 Jahren) auch in der Heiligen Schrift.

Gott hat durch Christus immer die Hand nach seinen verlorenen Menschenkindern ausgestreckt, die er zurück in seine Arme führen will. William Barclay schreibt über Lukas 13,34, wo sich Jesus über den Zustand Jerusalems beklagt: „Jesus hätte so etwas nie gesagt, wenn er nicht mehr als einmal Jerusalem seine Liebe angeboten hätte. In den ersten drei Evangelien gibt es allerdings keine Berichte über solche früheren Besuche.“ Laut Johannesevangelium besuchte er Jerusalem allerdings häufiger. Mein bescheidener Vorschlag ­hierzu ist, dass sich Jesu Worte „Wie oft schon wollte ich deine Bewohner um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel ­nimmt! Aber ihr habt es nicht gewollt“ nicht auf etwaige frühere ­Besuche, sondern auf seine ewige Liebe beziehen. Eine Liebe, die schon vor seiner Menschwerdung existierte, vom Anbeginn der Zeit. Eine Liebe, die Zeuge der Triumphe, des Leichtsinns und der Tragödien der Stadt und ihrer Bewohner wurde und die sich nichts sehnlicher wünschte, als deren Frieden. Jesu Worte sind sicherlich ein Echo von Gottes Wunsch, Psalm 91,4 zu erfüllen: „Wie ein Vogel seine Flügel über die Jungen ausbreitet, so wird er auch dich stets behüten und dir nahe sein. Seine Treue umgibt dich wie ein starker Schild.“

Als Christus Mensch wurde, schien auch das Licht, das die Menschen bis dahin kaum wahrgenommen hatten, auf einmal hell und klar. Es war Mensch geworden und lebte unter uns - vor aller Augen. Wir ­er­lebten die Herrlichkeit des Vaters durch seinen Sohn. Auch heute noch scheint dieses ewige Licht auf alle Menschen herab, doch es ist viel klarer durch die Person Jesu, viel klarer durch den Heiligen Geist, der in den Herzen der Gläubigen wohnt. Die Botschaft, die Gott den Menschen durch sein ewiges Licht ­offenbart, nimmt durch den Heiligen Geist und das Leben und Wirken Jesu klare Gestalt an.

Manche spüren das ewige Licht. Sie spüren „etwas“, das sie sich vielleicht nicht erklären oder verstehen können. Andere wiederum spüren gar nichts. Obwohl Christus immer Teil dieser Welt war und Gott die Welt durch ihn erschaffen hat, so hat ihn doch die Welt nicht erkannt (Johannes 1,10). Manche Menschen haben das Licht auf verschiedene Weise erlebt. Sie haben vielleicht die Wärme des Lichts gespürt, seine Reinheit, seinen Trost, seine Stärke und Sanft­heit. Und doch wissen sie nicht genau, was sie da gespürt haben, oder woher es kommt.

Auch die meisten Nichtchristen haben dieses alldurchdringende Licht auf vielerlei Weise wahrgenommen, aber sie erkennen „ihn“ nicht als solchen. Sie fühlten sich geborgen, auch wenn niemand in der Nähe war. Sie schöpften Kraft und wussten nicht, woher. Da ist es kaum verwunderlich, wenn Sir Alister Hardy, Gründer des Instituts zur Erforschung Religiösen Erlebens in Oxford, der weitreichende Forschungen zum Glauben und zu den Ansichten seiner ­Probanden angestellt hat, davon spricht, dass ein Großteil der Menschen eine „höhere, wohlmeinende Macht“ wahrnimmt. Sie erleben diese Macht auf verschiedene Weise: als ein Ge­führt-Werden, als Trost, als ­Herausforderung oder als Stärke.

Als umsichtiger Arbeiter Christi sollte man dem Beispiel des Apostels Paulus folgen, wenn man auf solche Menschen trifft. Als ­Paulus die Athener traf, erkannte er, was Gott schon bei ihnen geleistet hatte und baute darauf auf. Die Athener auf dem Marshügel waren sich des Lichts sehr wohl bewusst, das auf alle Menschen scheint, und sie spürten die „wohlmeinende Macht“, um bei den Worten Sir ­Alister Hardys zu bleiben. Sie spürten, dass es einen Gott jenseits ihrer e­igenen beschränkten Vorstellungen gab - einen Gott, der sich nicht in ­einem Abbild aus Silber, Gold oder Holz fassen ließ. Ein Gott, der unsichtbar, der ihnen unbekannt war. Paulus erklärte ihnen: „Diesen Gott, den ihr verehrt, ohne ihn zu kennen, möchte ich euch nun ­bekannt machen“ (Apostelgeschichte 17,23), und in Vers 27 fügt er hinzu: „Und wirklich, er ist jedem von uns ja so nahe!“ Er baute auf ihren bisherigen Erfahrungen mit dem einen, wahren Gott auf und erzählte ihnen, was Gott durch Jesus getan hatte. Als Paulus den Athenern Jesus näherbrachte, erkannten ihn tatsächlich viele von ihnen (wenn auch nicht alle).

Wenn jemand Christus als Herrn und Erretter anerkennt, wird diesem Menschen auf einmal klar, dass Gott in seiner Vergangenheit schon oft versucht hat, ihn zu erreichen und dass er ihn nur nicht als solchen erkannt hat. Bevor sie zu Christus kamen, waren sie wie der teilweise erblindete Mann, den Jesus fragt: „Kannst du etwas sehen?“ und der antwortet: „Ich sehe Menschen umhergehen. Aber ich kann sie nicht klar erkennen. Es könnten genauso gut Bäume sein.“ (Markus 8,23-24). Häufig berichten wiedergeborene Christen, dass Gott schon immer zu ihnen gesprochen hat, sie aber erst erkannten, was geschehen war, als sie schließlich Jesus begeg­net sind.

Diejenigen, die hingegen nie das Licht Gottes gesehen haben, sind wie jemand, der völlig blind ist. Sie bedeuten für uns ein hartes Stück Arbeit. Oft sperren sie sich im Geist, sie sind ja blind. Blinde können nicht sehen, was sich direkt vor ihren Augen abspielt - so klar und deutlich es auch sein mag. Die nur teilweise Erblindeten bedürfen eines Wunders, doch die komplett Blinden bedürfen eines noch viel größeren Wunders.

Im Jahr 1879 wollte ein agnostischer Reporter in Boston, USA, ­einmal eine originelle Geschichte für seine Zeitung verfassen, doch es wollte ihm einfach nichts einfallen. Auf dem Nachhauseweg aus der Redaktion sah er drei Mädchen im Schnee vor einem Schaufenster voller Spielsachen stehen. Zwei davon redeten ganz aufgeregt auf das dritte Mädchen ein, das nur regungslos zuhörte. Neugierig näherte sich der Reporter und belauschte ihr Gespräch. Das dritte Mädchen war blind und die beiden anderen taten ihr Bestes, ihr die Spielsachen zu beschreiben. Ihm war noch nie klar gewesen, wie schwer es sein musste, einem Blinden zu beschreiben, wie etwas aussieht. Diese Geschichte nahm er als Grundlage für seinen Artikel.

Zwei Wochen später war der bekannte Prediger Dwight ­L.Moody in der Stadt und der Reporter beschloss, hinzugehen. Er war entschlossen, dem Prediger einige Logikfehler nachzuweisen. Umso überraschter war er, als Moody seine Zeitungsgeschichte über die Kinder dazu benutzte, eine Wahrheit zu veranschaulichen. „Ebenso, wie das blinde Mädchen sich die Spielzeuge nicht vorstellen konnte“, so Moody, „kann jemand, der noch nicht errettet wurde, Christus nicht erkennen.“ Moodys Botschaft setzte bei dem Reporter einen Gedankenprozess in Gang und schließlich suchte und fand er Jesus und erlebte durch ihn das Wunder des Blinden, der auf einmal sehen kann. Einer Sache können wir uns jedoch gewiss sein: Ob wir nun eine völlig blinde Person (Blindheit im geistlichen Sinn) vor uns ­haben oder jemanden, der noch teilweise sehen kann - Gott hat schon lange vor unserer Ankunft in ihnen gewirkt, ob sie es nun gemerkt hat, oder nicht. Selbst Menschen, die das Licht nicht wahrnehmen, die es nicht anerkennen wollen oder es sogar leugnen, sind in Wahrheit von ­diesem Licht beschienen worden. Gott wartet nicht auf unser Eingreifen, er kommt uns zuvor. Er ist wahrhaftig der gute Hirte. Viele Menschen haben auf die eine oder andere Weise dieses „Etwas“ gespürt und einige von ihnen sind (fast) reif für die Ernte.

Im Alten Testament finden wir das Bild eines Gottes vor, der ­seinem Volk in der Wüste vorausgeht und die Situation für ihre Ankunft ­vorbereitet. In 2. Mose 13,21-22 steht, dass der Herr bei Tag als Wol­kensäule vor ihnen herzog und ihnen den Weg zeigte und ihnen bei Nacht als Feuersäule Licht spendete. Er ging seinem auserwählten Volk stets voraus. Unser Gott bereitet uns immer den Weg. Er bereitete die Witwe in Zarpat für die Ankunft von Elia vor (1. Könige 17,9). Durch die Predigten aller Propheten im Alten Testament (Lukas 24,27) und durch Johannes den Täufer (Johannes 1,6-7) legte Gott den Grundstein für das Wirken Christi. Gott hat bereits seinen Teil getan und den Weg für uns bereitet, damit wir den noch nicht Erretteten predigen können und schließlich die Ernte einbringen.

Jemand mag uns völlig fremd sein, doch für Gott ist niemand ein Fremder. Gott hat, wie bereits beschrieben, schon in diesem Menschen gewirkt - vielleicht sogar ohne dass die Person etwas davon gemerkt hat. Die Gründe dafür, warum wir diesem Menschen über den Weg laufen, mögen noch so gewöhnlich erscheinen, doch Gott in seiner unendlichen Weisheit hat dieses Treffen vielleicht absichtlich so eingerichtet, dass es Folgen für die Ewigkeit nach sich zieht. ­Viele der Geschichten in diesem Buch bestätigen das. Das Wissen um Gott wirkt bereits in den Leben der Menschen, und für uns gibt es Früchte zu ernten. Jeder Christ sollte dadurch ermutigt werden, ganz genau auf seine Mitmenschen zu schauen. Wir sollten uns in jeder ­Gemeinschaft, bei jeder Begegnung fragen, ob Gott uns nicht vielleicht aus gutem Grund dorthin geführt hat. In den täglichen Begegnungen, an der Bushaltestelle, in der Warteschlange in der Bank, an der Kasse im Supermarkt, bei der Arbeit oder in der Freizeit: Wir als Vertreter Gottes sollten stets auf unser Umfeld achten und beobachten, was Gott mit den Menschen, die wir treffen, vorhat. Während die ­anderen Leute mit sich selbst, mit ihrem eigenen Leben, ihren Interessen und Problemen beschäftigt sind, sollten wir es mit Jesus halten und uns ganz auf unsere Mitmenschen konzentrieren. Wenn wir Fragen stellen, bemerken die Fremden, dass wir uns aufrichtig für sie ­interessieren und zugleich erfahren wir, was in dieser Person vor sich geht und welche Botschaft Gott uns schicken will. Es ist immer wieder aufregend zu entdecken, dass Gott diese Begegnung tatsächlich herbeigeführt hat. Genau so aufregend ist es, dass wir sie nicht verpasst haben. Manchmal frage ich mich, wie viele dieser Gelegenheiten ich übersehe und wie viele göttliche Begegnungen der Herr jeden Tag zwischen Christen und Nichtchristen einrichtet, die dann übersehen werden.

Wenn wir nur etwas sensibler dafür wären, was Gott im Leben unserer Mitmenschen bereits bewirkt, würden wir uns vielleicht bei der Weitergabe des Evangeliums nicht so ungeschickt an­stellen. Manchmal sind wir überzeugt, dass jemand Jesus und die Gute Nachricht von vorneherein ablehnt, obwohl dieser Mensch in Wahrheit nur negativ auf unser hartnäckiges Werben oder unsere Ungeschicklichkeit reagiert. Gott möchte nicht, dass wir uns wie Elefanten im Porzellanladen verhalten. Das führt zu nichts und dabei geht nur jede Menge wertvolles Porzellan zu Bruch, das niemals wieder zusammengeflickt werden kann - ganz gleich, wie geschickt man sich dabei auch an­stellen mag.

Die Bibel wurde schon so manches Mal missbraucht, um damit eine arme Seele zu quälen oder um mit unhinterfragbarem, höherem Wissen anzugeben. Sie ist ein großartiges Werkzeug und unverzichtbar, doch jeder Meisterhandwerker weiß, dass jedes noch so gute Werkzeug auch korrekt gebraucht werden muss. Ein Laib Brot kann noch so nahrhaft, eine Taube noch so hungrig sein: Niemand würde einen ganzen Brotlaib auf eine Taube werfen und dann dem Vogel die Schuld geben, wenn er wegfliegt oder verletzt wird. Die arme Taube wird nie wieder jemandem trauen, der einen Laib Brot dabeihat. Wer kann ihr das verübeln? Für das arme Tier ist dann das Brot ein Geschoss und keine Nahrung mehr.

Wir sollten aber auch niemanden für seinen Enthusiasmus ­rügen. Ein fehlgeleiteter, jedoch lernfähiger Enthusiast ist immer noch ­besser als jemand, der völlig apathisch ist und sich nicht für die ­verlorenen Seelen interessiert. Schließlich lässt sich Enthusiasmus noch in die richtigen Bahnen lenken.

Wie ein Scharfschütze auf das Herz seines Opfers zielt, so sollten auch wir mit unserer Aufmerksamkeit auf die (möglicherweise unbemerkt gebliebene) Begegnung unseres Gegenübers mit dem Licht ­abzielen. Wir sind alle verschieden. Jeder ist anders, jeder befindet sich auf einer anderen geistlichen Stufe. Auf manchen Böden hat noch keine Saat gekeimt, auf anderen ist sie bereits aufgegangen. Es gibt Obstbäume, die noch keine Früchte tragen und solche, die in voller Pracht stehen. Einige sind reif für die Ernte, andere noch nicht.

Wir sind Gottes Partner, seine Juniorpartner, und wir müssen uns von ihm leiten lassen, ihn um Einsicht bitten aufzuzeigen, wo sich unser Gegenüber geistlich gesehen befindet und was wir unternehmen sollen. Und sollten tatsächlich Früchte zu pflücken sein, möchten wir wissen, wie wir sie am besten ernten können.

Als kleiner Junge habe ich einmal böswillig einen Cricketschläger in den Apfelbaum eines Bauern geworfen, weil ich einen Apfel wollte. Ich habe zwar den Apfel bekommen, doch er war beschädigt und mit ihm auch andere Früchte am Baum. Das war also keine gute Idee gewesen. Früchte sind sehr empfindlich und man muss vorsichtig mit ihnen sein. Eine Sichel mag sich zwar für ein Weizenfeld eignen, doch die meisten Früchte muss man immer noch per Hand pflücken.

Herr, gib uns die Erkenntnis, gib uns das Einfühlungsvermögen, ­damit wir alle wie Hananias von Christus lernen können, was er ­bereits im Leben unserer Mitmenschen bewirkt hat (Apostelgeschichte 9,10-19), damit wir mit Geschick und Empfindsamkeit die Früchte ernten, die er für uns hat gedeihen lassen.

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