Langweilige Gebete?
„Lieber Gott, danke, dass du uns heute bewahrt hast und danke für das Essen", betete mein neunjähriger Sohn Jordan eines Abends vor dem Abendessen. „Danke, dass du mir gute Eltern gegeben hast und dass Jesus am Kreuz für unsere Sünden gestorben ist. Du bist so gut zu uns, Herr. Bitte gib, dass auch morgen ein schöner Tag wird. Amen." „Amen" wiederholten wir alle, bevor wir mit dem Essen begannen.
Als Jordan an jenem Abend zu Bett ging und ich ihn zudeckte, zuckte er mit einer Schulter und sagte: „Mama, ich möchte heute Abend nicht beten." „Warum? Was ist passiert?", fragte ich besorgt. „Nichts ist passiert", antwortete er. „Aber jedes Mal, wenn ich bete, sage ich dasselbe. Mir fällt nichts Neues zum Beten ein und ich bin sicher, Gott mag auch nicht mehr jeden Abend dasselbe langweilige Gebet hören."
„Aber Jordan, das stimmt nicht. Gott möchte, dass wir beten, egal was wir sagen. Es ist in Ordnung, immer wieder dasselbe zu sagen, solange wir es auch meinen", antwortete ich. Er schüttelte den Kopf. „Ich möchte heute Abend einfach nicht." „Gott will, dass wir mit ihm reden, egal was wir sagen", beharrte ich, aber Jordan bestand ebenso darauf, dass Gott es leid war, sein „langweiliges Gebet" zu hören.
Ich seufzte und verließ Jordans Zimmer, besorgt, dass ich in dieser wichtigen Frage nicht zu meinem Sohn durchgedrungen war. Sofort brachte ich meine Sorge zu Gott und er schenkte mir sogleich eine Antwort.
„Ich hab dich lieb." Ich ging zurück in Jordans Zimmer, setzte mich auf den Rand seines Bettes und sagte: „Ich hab dich lieb, Jordan." Er lächelte, schon etwas schläfrig, und sagte: „Ich hab dich auch lieb, Mama." Ich wiederholte diese Worte noch dreimal und inzwischen war er hellwach und kicherte. „Warum sagst du das immer wieder zu mir?", fragte er.
Statt ihm zu antworten, fuhr ich fort: „Danke, Jordan, dass du heute Abend beim Abwasch geholfen hast." Er schaute mich verdutzt an und sagte: „Gern geschehen." „Jordan, du bist ein wunderbarer Sohn und ich freue mich so, deine Mutter zu sein", fuhr ich fort. Er lächelte, umarmte mich und fragte dann: „Bist du zurückgekommen und hast mich geweckt, nur um mir liebe Worte zu sagen?" „Ja. Warum? Bist du es leid, liebe Worte zu hören?" Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich mag es. Es gibt mir ein gutes Gefühl." „Ist es nicht langweilig?" Wieder schüttelte er den Kopf. „Nein, es ist ganz und gar nicht langweilig. Du kannst weitermachen, wenn du magst."
Ich lachte kurz und fragte: „Du magst es also, wenn ich schöne Worte zu dir sage, ja?" Er nickte. „Was meinst du, wie es Gott geht?" Er dachte einen Moment nach und verstand endlich, was ich meinte. „Du meinst, Gott mag mein langweiliges Gebet?" „Ja. Ich denke, es gibt Gott ein gutes Gefühl, wenn wir ihm für das danken, was er uns gibt, auch wenn wir jeden Tag für dasselbe danken. Gott mag einfach unseren Dank." Er nickte. „Also ist kein Gebet für Gott langweilig, stimmt's?" „Genau. Gott möchte von uns hören, auch wenn wir immer wieder dasselbe sagen."
Jordan nahm meine Hand und schloss die Augen. „Lieber Gott, danke für meine Mama. Ich glaube, ich habe das heute schon einmal gesagt, aber ich weiß, dass es dir nichts ausmacht, es noch einmal zu hören." Das ist ein langweiliges Gebet, das ich auch gerne immer wieder höre.