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Mütterliches Interesse

Kapitel 7 aus „Begegnung mit Jesus“

Die Osterkampagne der Kadetten in unserem Korps ging über zehn Tage. Der Höhepunkt sollte der Ostersonntag sein. Im Vorfeld des Besuchs hatte sich der ausbildende Offizier, der die Gruppe leitete, mit mir und einigen anderen Mitgliedern getroffen. Wir erarbeiteten ein Programm, welches die Missionsarbeit an der Haustür, Gottesdienste unter freiem Himmel, Seminare und andere Zusammenkünfte umfasste. Das ganze Korps und auch die Kadetten hatten schon lange im Voraus zu Gott gebetet, bevor wir uns schließlich kennenlernten. Die Gruppe war sehr lebhaft und mit ganzem Herzen bei der Sache.

Während einer Zusammenkunft unter freiem Himmel auf dem Marktplatz, lockten sie mit visuellen Hilfsmitteln, Kostümen und Scherzen eine ganze Menschengruppe an. Dieser verkündeten sie dann das Evangelium. Unter den Beobachtern waren auch Diane und ihre ältere, verheiratete Schwester Pauline.

Was Diane da draußen sah, passte so gar nicht zu ihrer Vorstellung von Christen und von der Kirche. Sie hielt die Kirche und auch die Christen für ernst und langweilig. Doch diese engagierten, etwa gleich­altrigen Leute faszinierten sie. Als die Gruppe die Zuschauer zum Sonntagvormittagsgottesdienst einlud, beschloss sie, es sich einmal anzuschauen. Ihre ältere Schwester war wenig begeistert. Erst vor kurzem war ihre Mutter gestorben. Diane, die um einiges jünger war als Pauline, lebte noch bei ihrem verwitweten Vater zu Hause. Die Ältere machte sich Sorgen, dass Diane verletzlich und anfällig gegen­über allen möglichen schädlichen Einflüssen sein könnte. Sie sorgte sich um ihre jüngere Schwester wie eine Mutter. Sie wusste nichts über die Heilsarmee, ihre Glaubensinhalte oder ihre Mitglieder. Ihre Befürchtung war, dass die Heilsarmee möglicherweise eine Art manipulative Sekte war. So begleitete Pauline ihre Schwester Diane an diesem Sonntagmorgen zum Gottesdienst. Sie brachte außerdem auch Janet, ihre Schwägerin auf der Seite ihres Ehemannes, mit.

Zu dritt besuchten sie also den Sonntagmorgengottesdienst. Und auch den Gottesdienst am darauffolgenden Ostersonntag, bevor die Kadetten wieder zurück zur Schule gingen. Diane kam noch ein paar Wochen lang. Doch die jungen Leute, die sie so anziehend fand, waren nicht mehr dabei. Schließlich nahm sie immer seltener am Gottesdienst teil.

Pauline hingegen, vierfache Mutter, und Janet, dreifache Mutter, kamen auch weiterhin. Etwas hatte sie innerlich tief bewegt. Sie lebten etwas außerhalb in zwei nicht allzu weit voneinander ent­fernten Dörfern. Ich bot ihnen an, sie beide zu besuchen. Sie nah­men das Angebot an. Wir trafen uns fortan regelmäßig bei Pauline zu Hause. Die beiden hatten immer jede Menge Fragen an mich. Bei einigen ging es um meine Predigten, bei anderen um etwas, was sie in der Bibel gelesen hatten oder um die Erlösung. Ihnen war aufgefallen - so erzählten sie mir - dass viele der Korpsmitglieder etwas Besonderes an sich hatten, etwas, das sie nicht ganz beschreiben konnten, etwas was auch sie wollten. Sie beschrieben es als eine Art Gelassenheit, als inneren Frieden, als Liebenswürdigkeit, eben als etwas Besonderes.

Ich erklärte ihnen, dass dieses Etwas sich bei all jenen Menschen einstellt, die sich ebenso ehrlich betrachten und akzeptieren, wie Gott sie sieht und die ihm ihre Sünden anvertrauen (die er natürlich bereits kennt). Diese Menschen entschließen sich für ein gottgefälliges Leben und bitten Gott um Gnade und Vergebung, da sein Sohn Jesus Christus ihre Strafe, die sie verdient hätten, auf sich genommen hat, damit sie von der Schuld und Verantwortung für ihre Verfehlungen und Sünden befreit würden. Ich beschrieb, wie sich ihre Herzen mit einer nie gekannten Zuversicht und Freude füllen würden, und dass sie dieses Erlebnis in guten und schlechten Tagen tragen würde, in gesegneten und in schlimmen Zeiten.

„So einfach ist das?“, wollten sie wissen. „Ja, so einfach ist das“, antwortete ich.

Wir beteten gemeinsam. Sie beteten um Gottes Vergebung und nahmen Jesus Christus als ihren Herrn und Erlöser an. Ich freute mich so sehr für sie. Wir verabschiedeten uns. Sie holten ihre Kinder von der Schule ab, und ich machte mich auf den Heimweg. Als ich sie das nächste Mal traf, war ihre Stimmung allerdings gedrückt.

„Wir haben alle Anweisungen befolgt, aber wir fühlen dieses Etwas immer noch nicht, das so viele Leute in der Kirche haben.“

„Nur weil ihr es nicht fühlt, heißt das noch lange nicht, dass es nicht da ist“, erklärte ich.

„Was soll das heißen?“, fragte eine der beiden.

Da erklärte ich ihnen, dass meine Eltern mehr als 150 Kilometer weit weg wohnten. Trotzdem könne ich ihre Liebe spüren, wenn wir miteinander telefonierten. An manchen Tagen, wenn wir nicht miteinander sprachen, würde ich diese Liebe zwar nicht direkt spüren. Aber hieß das auch, dass sie nicht da war? Das Einzige, was an solchen Tagen anders war, waren meine Wahrnehmung und meine Empfindungen. Ich zitierte ihnen aus der Heiligen Schrift: „Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ (1. Johannes, 1,9). „Wer an den Sohn Gottes glaubt, der hat dieses Zeugnis in sich.“ (1. Johannes 5,10, Lutherbibel 2017).

„Jesus lebt nun in euch. Das kann ich sehen. Das Bekenntnis zur Wahrheit ist da. Auch wenn ihr es nicht spürt, es ist da. Ihr müsst nun dafür beten, dass Gott euch diese Gewissheit schenkt. Und das wird er auch tun. Oft sind sich die Christen selbst gar nicht bewusst, dass sie dieses Etwas, das ihr bei ihnen wahrnehmt, überhaupt in sich tragen. In 2. Mose 34,29 heißt es, dass Moses‘ Angesicht glänz­te, als er nach langer Zeit in Gottes Gegenwart mit den zwei Steintafeln und den Zehn Geboten vom Berg Sinai hinabstieg. Es glänzte in der Herrlichkeit des Herrn. Doch er war sich dessen selbst nicht bewusst. Gott wird euch schon noch die Gewissheit geben. Er wird sich euch von Zeit zu Zeit zeigen. Er lässt euch allerdings nicht die ganze Zeit spüren, dass er da ist, damit ihr ihn beim Wort nehmt und euch nicht auf eure Gefühle verlässt.“

Ich betete gemeinsam mit ihnen. Und ich betete auch alleine für sie. Hielt Gott etwa seinen Segen zurück? Oder hielten sie etwas vor ihm zurück, sodass sie seinen Segen nicht spüren konnten? Sie wa­ren so ernsthaft und aufrichtig und ich als Heilsarmeeoffizier wusste nicht, was ich noch sagen oder tun sollte. Unsere Treffen waren immer sehr schön. Gott schenkte uns seinen Segen. Wir lernten jede Menge. Doch diese fehlende Gewissheit störte die beiden, und auch mich. Bis zu jenem ganz besonderen Sonntag.

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