Ungeschminkt
„Du siehst aber blass aus! Geht es dir nicht gut?“ Wie nett von meiner Kollegin, dass sie sich um mich sorgt. Und wirklich, ich muss sagen, ich fühle mich etwas schlapp. In letzter Zeit gab es ziemlich viel zu tun, und ich habe schlecht geschlafen. Heute haben mich schon zwei Leute auf mein blasses Gesicht angesprochen.
Gerührt von so viel Fürsorge und eine Spur süßen Selbstmitleides genießend gehe ich ins Badezimmer, um in den Spiegel zu schauen. Und entdecke die wahre Ursache meines auffallend schlechten Aussehens: Ich habe heute in der morgendlichen Hektik vergessen, mich zu schminken. Ernüchtert blicke ich meinem Spiegelbild in die Augen. So nötig habe ich die tägliche Maske also schon.
Ich fühle mich jetzt von den Kommentaren über mein Aussehen nicht mehr freundlich umsorgt, sondern eher gekränkt.
Wie deprimierend zu wissen, dass ich ohne Make-up wie ein Zombie aussehe! Dann fällt mir ein, dass es jemanden gibt, der mich mit und ohne Maske kennt und sich tatsächlich um mich sorgt: Jesus Christus. Vor ihm muss ich mich nicht hinter guten Antifalten-Cremes und der richtigen Rouge-Schattierung verstecken. Er ist einer, der auch auf die „inneren Werte“ schaut. Er nimmt meine Müdigkeit und meine Minderwertigkeitskomplexe wahr und kümmert sich um mich – wenn ich ihm das erlaube.
Ich finde es wunderbar, dass er als mein Schöpfer sich über meine Schönheit freut. Dass er mir gleichzeitig aber auch auf Augenhöhe begegnet. Die Bibel erzählt, dass er sich Zeit für Frauen wie mich und dich genommen hat. Er hat ihre Schönheit und ihre Seele gesehen und ihre Herzen berührt. Dieser Gott liebt dich auch. Ungeschminkt.
„Ich danke dir, dass du mich so herrlich und ausgezeichnet gemacht hast! Wunderbar sind deine Werke, das weiß ich wohl.“ (Psalm 139,14)
Anni Lindner ist Offizierin der Heilsarmee
und Kinderbuchautorin.
Erschienen im Heilsarmee-Magazin, Ausgabe 04/2014
Bild Kosmetik: Wikimedia Commons