Kampf gegen Menschenhandel
und Zwangsprostitution
Weltweit sind etwa 50 Millionen Menschen Opfer von Menschenhandel, der weltweit zu den am schnellst wachsenden organisierten Kriminalitätsfeldern gehört*. Vor allem Frauen und Kinder sind betroffen. Nach Deutschland werden beispielsweise tausende Frauen und Mädchen unter falschen Versprechungen vorwiegend aus Osteuropa gelockt. Ihnen wird der Pass abgenommen und sie werden in die Prostitution gezwungen. Kaum ein Wort Deutsch sprechend und ohne Papiere sind sie nicht in der Lage, sich aus dieser schrecklichen Situation selbst zu befreien.
*Quelle: ILO - Internationale Arbeitsorganisation Vereinte Nationen
Angela Fischer
Nationaler Kontakt
Anti Human Trafficking
Tel.: +49 15904687678
Mail: angela.fischer@heilsarmee.de
selbst nicht helfen kann;
schaffe denen Recht, die
für sich alleine dastehen.
Aktuelle Berichte aus dem Arbeitsbereich Gegen Menschenhandel
Projekte und internationale Zusammenarbeit
Fachlich geschulte Teams von Offizieren/innen und Mitarbeitenden der Heilsarmee arbeiten länderübergreifend in Kooperation mit Hilfsorganisationen im Opferschutz und zur Aufklärung in der Öffentlichkeit. Sie ermöglichen es auch, dass Frauen ein Ausstieg aus der Prostitution gelingt und diese eine Perspektive für ein normales Leben erhalten. In Deutschland ist Prostitution zwar legal, dennoch arbeiten viele in Angst, Abhängigkeit und unter Gewalt.
Gemeinsam gegen Menschenhandel
Die Heilsarmee ist Gründungsmitglied des Bündnisses „Gemeinsam gegen Menschenhandel“, das sich einsetzt für:
- Aufklärung in der Öffentlichkeit über Zwangsprostitution in Deutschland sowie skandalöse menschenrechtsverletzende Ausbeutung von Menschen weltweit.
- Präventive Maßnahmen in Deutschland zur Aufklärung betroffener Personengruppen in Herkunftsländern.
- Opferhilfe und Opferschutz
- Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Betroffene und zur strafrechtlichen Verfolgung von Menschenhändlern.
Angebot für Kinder, die im Schatten des Rotlichtmilieus aufwachsen
Das Rotlichtviertel Hannovers liegt nur einen Steinwurf von der Heilsarmee entfernt. Überrascht musste Heilsarmee-Leutnantin Christine Tursi feststellen, wie viele Kinder in diesem Milieu aufwachsen. Für diese hat sie das Projekt Leuchtturm ins Leben gerufen: Einen kindgerechten Ort, an dem die Kinder und Jugendlichen Annahme, Wertschätzung und neue Perspektiven erhalten.
Unterwegs auf dem Kiez
In vielen Städten Deutschlands ist die Heilsarmee im Rotlichtmilieu unterwegs, um Frauen in der Prostitution Hilfe anzubieten und zu zeigen, dass auch sie von Gott geliebte wertvolle Menschen sind und unsere Achtung und Unterstützung verdienen.
Durch altersgerechte Programme werden Kinder und Jugendliche aufgeklärt und sensibilisiert, um sie etwa vor der Masche von „Loverboys“ zu schützen. Hierbei umgarnen junge Männer minderjährige Mädchen mit falschen Versprechen und zwingen sie dann zur Prostitution. Wir wollen Kinder und Jugendliche stark machen.
Prüfdienst für Stellenangebote in Ursprungsländern
Länderübergreifend arbeiten die Heilsarmee in Deutschland und in Polen gemeinsam mit Partnerorganisationen in der Prävention von Zwangsarbeit zusammen. Polen ist eins der Ursprungsländer für Zwangsprostitution in den westeuropäischen Ländern. Ziel der Zusammenarbeit ist die Reduzierung der Opfer – hauptsächlich junge Mädchen, aber auch arbeitsuchende Männer – die unter falschen Versprechen und unseriösen Arbeitsangeboten angeworben werden.
Neben umfassenden Maßnahmen zur Sensibilisierung der Bevölkerung hat die Heilsarmee Polen 2020 das „JobVerification Projekt“ entwickelt. Damit können Interessenten für Beschäftigungsangebote im Ausland das Stellenangebot auf Seriosität prüfen lassen und wichtige Tips für einen sicheren Berufsstart im Ausland einholen.
Im Zeitraum Juli 2011 bis März 2016 hat die Heilsarmee Schätzungen zufolge über 4.500 Opfer unterstützen können.
Jährlicher Gebetstag für die Opfer von Menschenhandel
Die internationale Heilsarmee ruft jedes Jahr weltweit zu einem Tag des Gebets für die Opfer von Menschenhandel auf, dem sich die Heilsarmee in Deutschland jeweils am letzten Sonntag im September anschließt. Alle Gemeinden und Einrichtungen werden gebeten, die vielfältigen Dienste und Mitarbeiter dieses Arbeitsbereichs der Heilsarmee in ihre Gebete einzuschließen, Fürbitte für die betroffenen Menschen zu halten und Gott darum zu bitten, dass er die Herzen der Ausbeuter verändert. Die Heilsarmee möchte dazu ermutigen, die Augen vor den verschiedenen zeitgenössischen Formen von Sklaverei nicht zu verschließen, sondern vielmehr die Stimme gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit zu erheben.
Wir befinden uns in London und schreiben das Jahr 1885. Die Industrialisierung schreitet voran. Die Unterschiede in der Bevölkerung sind riesig. Da sind adelige Familien und bürgerliche Oberschicht auf der einen Seite und die Unterschicht auf der anderen Seite. Das Elend der einfachen Arbeiter ist von Alkoholmissbrauch, Hunger und prekären Wohnsituationen geprägt. Der Wochenlohn ist knapp bemessen und reicht nicht einmal für das Nötigste.
Den Ausweg aus diesem Dilemma sehen manche Familien darin, ihre Töchter zu „verkaufen“. Billige Hausmädchen werden immer wieder gesucht und manche Mutter denkt, dass ihre Tochter in einer Dienstbotenuniform besser aussieht, als in den Lumpen, die sie jetzt trägt. Und genug zu essen scheinen die Mädchen auch zu bekommen. Dass dies eine Masche der Bordellbesitzer ist, merken sie meist gar nicht oder viel zu spät.
Bordelle und Prostitution gab es schon immer. Dass es im England des 19. Jahrhunderts zu einem Problem wird, hat zwei Gründe:
- Zum einen ist laut Gesetz jedes 13jährige Mädchen mündig und kann freiwillig in die Prostitution einsteigen.
- Zum anderen gibt es viele reiche Ehemänner, die auf ein sexuelles Abenteuer aus sind. Da scheint es besser zu sein, ab und zu eine Prostituierte aufzusuchen, als die Ehe wegen einer Geliebten aufs Spiel zu setzen. Der „Wunsch nach Frischfleisch“ wird gerade von den jüngsten Mädchen gestillt. Daher kommt ein Gesetz, das das Mündigkeitsalter auf 16 Jahre heraufsetzt, nicht durch das Parlament.
Annie Swan bringt den Stein ins Rollen
Annie ist mit dem Gedanken, Hausmädchen zu werden, nach London gekommen. Viel zu spät merkt sie, dass Zuhälter sie nach London gelockt haben um sie willig zu machen, ihren Körper zu verkaufen. Sie kann ihren Peinigern entkommen und wendet sich an die Heilsarmee. William und Bramwell Booth wissen um das Problem der Prostitution. 800 dieser Mädchen konnten bisher in Heimen der Heilsarmee aufgenommen werden. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, etwas Grundsätzliches zu unternehmen.
Bramwell Booth, der Sohn des Gründervaters William Booth, sucht einen furchtlosen Helfer, den er in dem Journalisten William T. Stead als Verbündeten findet. Stead, der Herausgeber der „Pall Mall Gazette“, will zunächst nicht glauben, was Booth ihm da berichtet. Sie interviewen mehrere Mädchen und merken, in was für ein Wespennest sie da gestoßen sind. Das Ausmaß der Prostitution ist größer als zunächst vermutet. Sind es doch 80.000 junge Mädchen und Frauen, die allein in London zur Prostitution gezwungen werden.
Stead will beweisen, dass es in London möglich ist, für fünf englische Pfund ein Mädchen zu kaufen und, dass die Polizei dabei tatenlos zusieht. Eine ehemalige Bordellbesitzerin, Rebekka Jarret, die sich inzwischen bekehrt hat, besorgt ein Mädchen, welches 13 Jahre alt ist. Natürlich kommt Eliza Armstrong, so ihr Name, nicht in ein Bordell, sondern in die Obhut der Heilsarmee.
Stead schreibt einen ersten Artikel
Die „Pall Mall Gazette“ verkauft sich rasant. Den Zeitungsjungen werden die Exemplare aus der Hand gerissen. Gebrauchte Zeitungen werden für ein dreißigfaches des normalen Preises weiterverkauft. Die Oberschicht fühlt sich angegriffen. Die Bombe ist geplatzt und hat ihren ersten Zweck erfüllt. Der Innenminister Sir William V. Harcourt bittet Stead die Artikelserie einzustellen, doch der denkt nicht im Traum daran.
Weitere Artikel folgen. Nun werden die Bordellbesitzer aktiv und greifen das Verlagsgebäude der „Pall Mall Gazette“ an. Zur gleichen Zeit wird im Parlament der Gesetzesentwurf eingebracht, um das Mündigkeitsalter der Mädchen von 13 auf 16 Jahre hoch zu setzen. Aber es gibt immer noch Widerstand.
Nun kommt die Heilsarmee ins Spiel
Catherine Booth schreibt an Königin Victoria und den Premierminister Galdston. Gleichzeitig sammeln die Mitglieder der Heilsarmee 393.000 Unterschriften in der Bevölkerung. Die Leute sind der Meinung, dass etwas unternommen werden muss. Offiziere der Heilsarmee bringen eine meterlange Rolle ins Parlament. Mitte August 1885 kommt eine Untersuchungsgruppe zu dem Ergebnis, dass alles, was William T. Stead herausgefunden hat, der Wahrheit entspricht. Das Gesetz geht nun glatt durch´s Parlament und zudem wird die Polizei ermächtigt, bei begründetem Verdacht sofort und ohne lästige Formulare in Bordellen, Razzien durchzuführen.
Einen Haken hat die ganze Sache doch: William T. Stead, Rebekka Jarret und Bramwell Booth werden wegen Mädchenhandels zwölf Tage lang verhört. Sie hatten mit dem Ankauf von Eliza Armstrong den Tatbestand, den sie anprangerten, selbst vollzogen. Während der Journalist und die ehemalige Bordellbesitzerin für jeweils drei Monate ins Gefängnis müssen, wird Bramwell Booth freigesprochen.
Nach seiner Entlassung präsentiert sich Stead stolz den Fotografen in seiner Gefängniskleidung. Sein Leben endet später tragisch, er kommt als Passagier der Titanic 1912 ums Leben. Er reiste auf Einladung von US-Präsident William Howard Taft nach New York, um an einer Konferenz in der Carnegie Hall teilzunehmen.
Für die Heilsarmee waren die Aufdeckung des Mädchenhandels und die Gesetzesänderung ein großer Erfolg. Bis zum heutigen Tag führt sie ihren Kampf gegen menschliches Leid und bleibt damit der berühmten „I'll-Fight-Rede“ treu, die William Booth in der „Royal Albert Hall“ hielt:
„Solange ein Mädchen am Straßenrand wartet, will ich kämpfen“
„Ware Mensch“
Dieses Heft ist als Informations- und Aufklärungsbroschüre gedacht. Denn je mehr Leute informiert und sensibilisiert werden, desto stärker können wir gegen Menschenhandel vorgehen.
Flyer für ukrainische Flüchtlinge
Die Hilfsbereitschaft für ukrainische Flüchtlinge ist in Deutschland erfreulicherweise sehr hoch. Doch leider gibt es auch Personen, die die Hilflosigkeit von Flüchtlingen schamlos ausnutzen möchten. Menschenhandel versteckt sich hinter einem freundlichen Gesicht und macht Menschen in prekären Situationen und Umständen falsche Versprechungen. Folgende Flyer (auf Ukrainisch, Deutsch und Englisch) sollen helfen, Flüchtlinge über die Gefahren aufzuklären und gibt konkrete Tipps für den Selbstschutz.